"Leberking" Agit Kabayel hofft auf eine baldige WM-Chance gegen Schwergewichts-König Oleksandr Usyk, die ihm beim Weltverband WBC auch zusteht. Kabayel ist aber nicht der einzige deutsche Boxprofi, der WM-Luft wittert. sport.de zeigt, welche Boxer aus Deutschland nah dran sind an einem WM-Kampf - einer könnte sogar schon bald am Grünen Tisch Champion werden.
Agit Kabayel, Schwergewicht: Interims-Weltmeister WBC
Der Mann aus Bochum hat einen Traum: Erster deutscher Schwergewichts-Weltmeister seit dem großen Max Schmeling (1930!) werden.
Dem Ziel ist Kabayel (26 Siege, ungeschlagen) im Februar ein großes Stück nähergekommen. In Riad hackte der "Leberking" China-Koloss Zhang Zhilei in sechs Runden unerbittlich klein und krönte sich zum Interims-Champion des Weltvbandes WBC.
Als "Zwischen"-Weltmeister steht Kabayel ein WM-Kampf gegen Usyk zu. Die Frage ist, wann er seine Chance bekommt.

Promoter Frank Warren (der auch Kabayel betreut) kündigte nach Usyks K.o.-Triumph in London über Daniel Dubois an, dass Joseph Parker als nächstes an der Reihe sei. Der Neuseeländer ist WBO-Interims-Champion und wartet noch länger als Kabayel auf einen Titelkampf.
Aber: Ein Duell zwischen Usyk und dem Kiwi-Fighter lässt sich nicht einfach vermarkten. Kabayel setzt darauf, dass ein Kampf in Deutschland, wo mittlerweile viele Ukrainer leben, mehr Interesse entfacht.
"Die vielen in Deutschland lebenden Ukrainer "würden für ihren großen Volkshelden zusammen mit den deutschen Fans sogar ein Stadion füllen", prophezeite Box-Manager Bernd Bönte bei sport.de: "Ich bin fest davon überzeugt, das wäre ein gigantisches Event."
Dennoch: Dass Kabayel schon 2026 zum Zug kommt, ist eher unwahrscheinlich.
Denn auch Tyson Fury hat seinen Hut in den Ring geworfen und sich für einen dritten Kampf gegen Usyk in Stellung gebracht. In diesem steckt deutlich mehr Geld als in Usyk vs. Kabayel.
Noel Mikaelian, Cruisergewicht, Nummer 1 der WBC-Rangliste
Noel Mikaelian (27 Siege, 3 Niederlagen) ist Deutschlands vergessener Top-Boxer, mischt im Limit bis 90,72 Kilogramm schon seit Jahren in der Weltspitze mit.
Bei seinen großen Kämpfen wurde der Mann aus Hamburg bis dato von den Punktrichtern immer über den Tisch gezogen. So auch zuletzt im Mai: In Riad verlor er den WBC-WM-Fight gegen Badou Jack über zwölf Runden nach Punkten - ein umstrittenes Urteil, hatte Mikaelian doch deutlich mehr Treffer ins Ziel gebracht.
Immerhin: Ein beim WBC von Mikaelians Team und Promoter-Pate Don King eingereichter Protest fruchtete. Der Verband aus Meiko ordnete eine sofortige Revanche an. Die Lager beider Boxer haben sich laut WBC-Boss Mauricio Sulaiman auch schon auf die (finanziellen) Rahmenbedingungen geeinigt.

Mikaelian hatte den WBC-Gürtel im Cruisergewicht Ende 2023 in Miami mit einem Technischen K.o. gegen Ilunga Makabu gewonnen. Er war der erste Deutsche seit Max Schmeling, der einen WM-Kampf in den USA gewann.
Danach geriet seine Karriere ins Stocken. Erst bremste ihn ein Streit mit Promoter-Greis King aus, dann stufte ihn der WBC per Handstreich zum "Weltmeister im Ruhestand" herunter. Das WM-Duell mit Jack bekam der 34-Jährige nur, weil sich dessen Herausforderer drei Wochen vor dem Kampf verletzte. Nun brennt Mikaelian auf Revanche.
Abass Baraou, Halbmittelgewicht, Interims-Weltmeister WBA
Als Abass Baraou (17 Siege, 1 Niederlage) 2018 ins Profilager wechselte, galt er als heißeste Aktie auf dem deutschen Boxmarkt. Schließlich hatte Baraou als Amateur mehrmals den prestigeträchtigen Chemie-Pokal und den EM-Titel im Weltergewicht gewonnen.
Auch im Preisboxen machte sich Baraou schnell einen Namen, klopfte 2020 erstmals oben an. Mit Landsmann Jack Culcay lieferte er sich im Halbmittelgewicht (bis 69,85 Kilo) einen hochklassigen WM-Ausscheidungskampf der IBF. Nach zwölf Runden verlor Baraou hauchdünn und nicht ganz unumstritten durch ein 1:2-Punkturteil.

In der Folge verlor Baraous' Karriere leider an Fahrt - erst 2024 meldete sich der 30-Jährige eindrucksvoll zurück. Gegen den Briten Sam Eggington eroberte er in England in einer spektakulären 12-Runden-Schlacht den EM-Gürtel, mit Macaulay McGowan schlug er danach den nächsten Engländer.
Durch die Erfolge kletterte Baraou in der Rangliste der WBA an Position 1 und bekam gegen den Kubaner Yoenis Tellez einen Kampf um die "Interims"-WM. Anfang August besiegte der Mann aus Oberhausen beim "Auswärtsspiel" in Orlando den ungeschlagenen und favorisierten Tellez mit einer beeindruckenden Leistung einstimmig nach Punkten und krönte sich zum "Zwischen-Champion".
Gut möglich, dass die WBA Baraou schon bald zum vollwertigen Titelträger hochstuft. Denn: Der amtierende WBA-Weltmeister Terence Crawford steigt für einen Multimillionen-Blockbuster gegen Canelo Alvarez zwei Klassen ins Supermittelgewicht auf. Dass der Superstar noch einmal im Halbmittelgewicht boxt und seinen WBA-Titel verteidigt, ist äußerst unwahrscheinlich.
Michael Eifert, Halbschwergewicht, Nummer 1 der IBF-Rangliste
Das Halbschwergewicht ist eine Gewichtsklasse mit deutscher Tradition: Henry Maske, Dariusz Michalczewski, Graciano Rocchigiani, Jürgen Brähmer - sie allen feierten im Limit bis 79,3 Kilogramm WM-Erfolge.
Michael Eifert (13 Siege, 1 Niederlage) hat sich ebenfalls in Position für einen WM-Kampf im Halbschwergewicht geboxt. Schon im Frühjahr 2023 gelang ihm in Kanada ein Überraschungssieg gegen Ex-Weltmeister Jean Pascal, mit dem er sich an die Spitze der IBF-Rangliste setzte. Seither bestritt der 27-Jährige leider nur einen (Aufbau-)Kampf und wartet geduldig auf seine Chance.

Weil die Konkurrenz-Champions Artur Beterbiev und Dmitry Bivol zweimal um alle vier bedeutenden WM-Titel boxten, kam Eifert bislang nicht zum Zug. Das könnte sich ändern. Die IBF hat Weltmeister Bivol Anfang Juli verpflichtet, den rot-goldenen Gürtel als nächstes gegen Eifert zu verteidigen.
Dass Bivol dieser Pflicht nachkommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Eifert ist international zu unpopulär und damit finanziell nicht sonderlich attraktiv für Bivol, dem zudem ein drittes Duell mit Beterbiev winkt.
Ein WM-Kampf wäre für Eifert damit aber nicht vom Tisch. Die als strikt bekannte IBF dürfte Bivol den Titel entziehen, sofern er nicht gegen Eifert box. Der deutsche "Diesel" (so Eiferts Kampfnahme) könnte dann gegen die Nummer 2 des IBF-Rankings (zurzeit Conor Wallace aus Australien) um den Titel boxen
