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Ausrichter auf der Kippe

Aus für Traditions-Weltcup im Skispringen? "Zeit drängt"

Der Heim-Weltcup von Nika Prevc und Co. in Ljubno steht auf der Kippe
Der Heim-Weltcup von Nika Prevc und Co. in Ljubno steht auf der Kippe
Foto: © IMAGO/Zhou Yue
17. Juli 2025, 11:24

Spätestens seit der öffentlichen Ankündigung von Skisprung-Chef Sandro Pertile ist klar: Der Weltcup-Kalender steht vor einem Wandel. Und dieser wird angesichts der geplanten Fusion von Frauen- und Männer-Tross auch vor traditionsreichen Orten nicht Halt machen, wie auch dem slowenischen Ljubno. Dessen Organisationschef ist sich des drohenden Aus bewusst, hat aber große Hoffnungen und Pläne.

Wer das geradezu beschauliche Ljubno ob Savniji im Nordosten Sloweniens jemals aus der Nähe gesehen hat, wird sich kaum ausmalen können, was an einem Wochenende im Jahr dort los ist: Denn dann platzt der 2.500-Seelen-Ort aus allen Nähten und begrüßt ein Vielfaches seiner Einwohner zum Skisprung-Weltcup der Frauen.

Am 27. Januar 2024 strömten 10.000 Besucher an die Logarska-Dolina-Schanze und sorgten damit für einen Weltrekord für einen reinen Frauen-Weltcup – und das nur ein knappes halbes Jahr, nachdem der Ort und auch die Schanze schwer von den Überschwemmungen getroffen worden waren.

Dieses Ereignis steht sinnbildlich für die über 70-jährige Skisprung-Historie von Ljubno: Jedes Hindernis wurde genommen, jeder Rückschlag weggesteckt. So auch der Verlust des Silvester-Tournament, dem Versuch ein Pendant zur Vierschanzentournee im Frauen-Weltcup zu etablieren, im selben Jahr. Dieses musste nach Drängen des Deutschen Skiverbandes der Two-Nights-Tour weichen, bei der zumindest in den deutschen Tournee-Orten Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf gesprungen wird.

In eben jenem 2024 gab es noch eine dritte, wenn auch indirekte Hiobsbotschaft für die Organisatoren: FIS-Renndirektor Sandro Pertile präsentierte seine Pläne zur Fusion von Frauen- und Männer-Weltcup, die im Idealfall bereits in der Saison nach den Olympischen Spielen 2026 in Mailand/Cortina abgeschlossen sein soll.

Weltcups in Ljubno nur bis 2027 gesichert

Ein Jahr später ist klar, dass es nicht ganz so schnell gehen wird – für Ljubno eine gute Nachricht. Organisationschef Rajko Pintar bestätigte gegenüber sport.de, dass "zwei weitere Weltcups gesichert sind, 2026 und 2027." Doch, was kommt danach? "Die weitere Zukunft ist ungewiss", gab er unumwunden zu.

Umso mehr habe ihn jedoch die Unterstützung Pertiles erfreut, die er ihm in einem Brief zugesichert hat, über den der slowenische Rundfunk "RTV" zuerst berichtet hatte. Pintar bekundete, er freue sich über jede Form der Unterstützung, seien es die Zuschauerzahlen vor Ort, im TV, oder Aussagen von Athletinnen und Funktionären. Dass auch der Skisprung-Chef dazugehöre, habe "außergewöhnliches Gewicht und sei "entscheidend für die weitere Gewinnung breiterer Unterstützung und wichtiger staatlicher Fördermittel."

Und Unterstützung und Geldmittel wird es brauchen, denn mit der aktuellen Schanze stehen die Chancen, auch über 2027 hinaus im Weltcup zu bleiben, bei Null. Das Profil der Logarska Dolina ist nur wenig zeitgemäß und hat noch dazu eine ganze Reihe an schweren Verletzungen mitverursacht. So etwa beim letzten Weltcup im Februar 2025, als sich die Norwegerin Thea Minyan Bjørseth einen Totalschaden im Knie und Armverletzungen zuzog, die ihr nicht nur die Heim-WM in Trondheim, sondern auch die Teilnahme am Olympia im nächsten Winter kosteten.

Es braucht eine neue und vor allem deutlich größere Anlage – und das sehr bald. "Die Zeit drängt", weiß auch Pintar. Eine erste Planskizze zum Bau einer Großschanze mit K-Punkt 125 wurde bereits im Herbst 2022 präsentiert, inzwischen denkt man sogar über eine noch größere Anlage nach. Sollte diese einen K-Punkt zwischen 135 und 164 Metern erhalten, wäre sie die erste sogenannte Giant Hill Sloweniens. Stand Juli 2025 gibt es weltweit noch gar keine Schanze dieses Typens.

Viereinhalb Jahren bis zur neuen Skisprung-Schanze

Endgültig festlegen wolle man sich noch nicht, jedoch wurden bereits die ersten Schritte unternommen, wie Pintar verriet: "Wir haben gerade eine Machbarkeitsstudie abgeschlossen, die verschiedene Aspekte des Baus einer solchen groß Anlage abdeckte. Wir haben uns dabei besonders intensiv mit der Analyse der Baukosten, möglichen Finanzierungsmodellen und den langfristigen Betriebskosten befasst." Aufgrund der Größe des Projekts gehen die Gespräche auch über regionale Partner hinaus, man wolle alle erdenklichen Finanzierungsquellen ergründen, "möglicherweise auch europäische", wie der Funktionär erörterte.

In dieser Phase 0, wie Pintar sie nennt, werde neben der Finanzierungssicherung auch der Fokus auf der finalen Projektierung und der Genehmigungssicherung liegen. Sobald das geschehen sei, könne mit dem Bau der Schanze begonnen werden, um auch weiterhin Weltcups veranstalten zu können. Parallel sollen in zwei weiteren Phasen noch zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen stattfinden, ehe das Projekt vollständig abgeschlossen sei. "Etwa viereinhalb Jahre" würden für alle Schritte ins Land gehen, wenngleich die Zählung bereits begonnen hat.

"Wenn wir zeigen, dass dieses Vorhaben realistisch ist", führte der 71-Jährige aus, könne man mit Pertile und dessen Kollegen beim Ski-Weltverband FIS verhandeln, "um weitere Wettbewerbe in den kommenden Jahren zu sichern und so Kontinuität zu gewährleisten, bis das Projekt abgeschlossen ist. Deshalb ist schnelles und entschlossenes Handeln aller Beteiligten entscheidend, um von der Analyse zur Vorbereitung und Mittelbeschaffung überzugehen."

Er und sein Team haben aber auch die Folgen eines Verzichts auf den Bau der neuen Schanze bewertet, was ebenso wichtig gewesen sei, um aufzuzeigen, "was die Stadt, die Region, das Land, der Sport, der Tourismus und die Wirtschaft zu verlieren haben."

Organisationschef: "Haben uns das Recht auf neue Schanze verdient"

Trotz dieses möglichen Szenarios wollen der ehemalige Lehrer, Politiker und Journalist und sein Team "optimistisch bleiben, denn nur so können wir die langfristige Zukunft des Weltcups in Ljubno sichern." Dabei gehe es auch ausdrücklich darum, Männer-Weltcups zu organisieren, die es in diesem Ort bis heute noch nicht gegeben hat, aber künftig aufgrund der angestrebten Fusion der Weltcup-Kalender ein Muss für jeden Ausrichter werden.

Pintar bezeichnet diesen sogar als "natürlichen nächsten Schritt, als Erweiterung des Programms und als Anpassung an die Richtung, in die sich das Skispringen entwickelt." Ljubno sei offen, Weltcups an unterschiedlichen Daten auszurichten, wenn dies verlangt werden sollte und das "ausdrücklich zu gleichen Bedingungen für beide Geschlechter", wie der Funktionär betonte. Man befürworte eine identische Anzahl von Wettkämpfen für Frauen und Männer.

Die inzwischen 14 aufeinanderfolgenden Ausgaben des Frauen-Weltcups verleihen dem Ausrichter ein gewisses Selbstbewusstsein und Glauben an die eigene Stärke, wie Rajko Pintar gegenüber sport.de abschließend hervorhob: "Mit diesem Organisationsteam, diesen frenetischen Fans und dieser Historie können wir Ljubno getrost als bestorganisierte Veranstaltung des Kalenders bezeichnen. Damit haben wir uns das Recht verdient, diese neue Schanze zu bauen, diese Tradition zu bewahren und darauf aufzubauen."

Darauf hoffen zweifellos auch die slowenischen Skispringerinnen um Doppel-Weltmeisterin und Gesamtweltcupsiegerin Nika Prevc, die mit ihren Leistungen einen großen Anteil an Ljubnos Status haben und Jahr für Jahr beseelt von den frenetischen Fans und der Atmosphäre schwärmen.

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