Fahrstuhlmannschaft im Schatten des großen HSV
- Der FC St. Pauli wurde am 10. Mai 1910 als Fußball-Abteilung des "Hamburg St. Pauli Turnvereins" gegründet. Von Anfang an stand der Klub fast durchgehend im Schatten des größeren Hamburger SV und spielte Jahrzehnte lang niederklassig; 1947 gelang erstmals und ausnahmsweise einmal die "Hamburger Meisterschaft".
- Nach mehrmaligem Scheitern in der Aufstiegsrunde gelang 1977 erstmals der Aufstieg in die Bundesliga. Es folgte aber der sofortige Wiederabstieg 1978 und aus finanziellen Gründen der Lizenzentzug 1979. In den folgenden Jahrzehnten pendelte der Klub zwischen der höchsten Amateurklasse, der 2. Liga und der Bundesliga.
- Der FCSP gehört zu den Fahrstuhlmannschaften der Bundesliga - auf den ersten Aufstieg 1977 und den Wiederabstieg 1978 folgten mehrere weitere Aufstiege (1988, 1995, 2001, 2010 und 2024), schon dreimal ging es direkt nach der ersten Saison wieder zurück ins Unterhaus.
Der wohl rebellischste Profiklub Deutschlands
- Der FC St. Pauli setzt sich u. a. gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus sowie für zahlreiche andere Themen ein. Der Klub hat auch jenseits Deutschlands viele Sympathisanten und eine junge und/oder alternativ geprägte Fanbase.
- Nicht zuletzt dank der breiten Sympathien konnte der Klub 2003 mit einer Aufsehen erregenden Spendenaktion die Insolvenz bzw. den Lizenzentzug für die Regionalliga (nach dem Zweitliga-Abstieg) vermeiden. Unter anderem gastierte Bayern München für ein Benefizspiel ohne Gage am Millerntor. Zudem wurde das Jugendleistungszentrum verkauft.
- Die Rolle als Underdog und Außenseiter des kommerziellen Fußballbetriebs (Spitzname: "Kiezkicker") wird immer wieder mit besonderen Aktionen kultiviert. So wurde etwa im Frühjahr 2002 eine Sonderedition T-Shirts mit dem Aufdruck "Weltpokalsiegerbesieger" vom Verein herausgegeben, nachdem die Mannschaft Anfang Februar Bayern München in der Bundesliga mit 2:1 besiegt hatte. Am Saisonende folgte dennoch der Abstieg als abgeschlagenes Schlusslicht.
- 2024 gründete der Klub eine Genossenschaft ("Football Cooperative St. Pauli von 2024 eG") u. a. mit dem Ziel, die Mehrheit an der Stadionbetriebsgesellschaft erwerben zu können. Schon im Frühjahr 2025 wurde die angepeilte Marke von 30 Millionen Euro an zusätzlichen Finanzmitteln erreicht, nachdem mehr als 20.000 Mitglieder Anteile gezeichnet hatten.
Traditionen und Legenden
Stadion am Millerntor
- Seit 1963 trägt der FC St. Pauli seine Heimspiele im Millerntor-Stadion aus, das in der Hamburger Innenstadt unweit der Reeperbahn steht. Der zwischenzeitliche Name "Wilhelm-Koch-Stadion" wurde 1999 wieder abgeschafft, nachdem ein Gutachten dem Namensgeber und verstorbenen Ex-Klubpräsidenten eine NSDAP-Vergangenheit attestiert hatte. Zu den Besonderheiten des 2010 nach Umbau wiedereröffneten Stadions zählen die weltweit erste Kindertagesstätte in einem Fußballstadion sowie eine reichhaltige Auswahl an vegetarischer und veganer Verköstigung.
- Das frühere Heimstadion erlangte am zweiten Weihnachtstag 1952 als Schauplatz des Pokalspiels gegen Hamborn 07 landesweite Aufmerksamkeit - des ersten Fußballspiels, das im deutschen Fernsehen übertragen wurde.
Rivalitäten
- Die Derbys gegen den HSV zählen zu den brisantesten im deutschen Profifußball. Derbysiege werden "auf St. Pauli" besonders gefeiert, etwa 1977 als Aufsteiger gegen den damaligen Europapokalsieger (2:0) oder 2011 nach über 33 Jahren Pause (1:0). Nach dem erstmaligen Bundesliga-Abstieg des HSV 2018 gelangen dem FC St. Pauli in der 2. Liga weitere Derbysiege und der Klub kehrte 2024 ein Jahr vor dem Erzrivalen in die Bundesliga zurück.
Legenden
- Holger Stanislawski war sowohl als Spieler als auch als Trainer des Klubs in der Bundesliga im Einsatz. Als Innenverteidiger gehörte der gebürtige Hamburger zu den Bundesliga-Aufstiegsmannschaften 1995 und 2001, als Trainer schaffte er mit St. Pauli 2010 die Rückkehr ins Oberhaus.
- Jürgen Gronau absolvierte die meisten Pflichtspiele für den Klub (478) und war Mitglied der Aufstiegsmannschaften aus der Oberliga in die 2. Liga 1986 sowie zweimal in die Bundesliga (1988 und 1995).
Vereinshymne
- Den rebellischen Anstrich des Klubs unterstreichen die Einlaufmusik (der Hardrock-Klassiker "Hells Bells" von AC/DC). Bis Frühjahr 2025 wurde im Stadion die Hymne "Herz von St. Pauli" abgespielt, auf Drängen der Fans wird seither aber darauf verzichtet. Das Lied sorgt wegen der Nazi-Vergangenheit seines Texters für Diskussionen unter den Anhängern.
Kein Maskottchen
- Der FC St. Pauli verzichtet aus kommerzkritischen Gründen auf ein offizielles Maskottchen. In der Klubhistorie gab es gelegentlich Versuche, ein Maskottchen einzuführen, aber keiner davon war von dauerhaftem Erfolg.