Mehr als 250 Rookies kommen jedes Jahr in die NFL, manche mit viel Hype und hohen Erwartungen, andere eher unter dem Radar und mit nicht mehr als einer Backup-Rolle zum Start. Die Narrative rund um die neuen Talente können sich jedoch schon nach wenigen Wochen verändern. NFL-Experte Adrian Franke hält euch auf dem Laufenden: Ein Mal pro Monat kürt er für sport.de seinen Rookie des Monats und erklärt, welchen Youngster man besonders im Auge haben sollte.
Der Abgang von JuJu Smith-Schuster sollte nicht so ein großes Loch in eine Offense reißen, wie das in Kansas City früh in dieser Saison der Fall war. Smith-Schuster war in seinem einjährigen Gastspiel ein produktiver Bestandteil der Chiefs-Offense, inklusive Playoffs fing er 88 Bälle für 1.022 Yards, produzierte 54 First Downs und war vor allem extrem verlässlich. Nicht mehr und nicht weniger.
Ein verlässlicher, konstanter Receiver, der die Mitte des Feldes bespielt, der eine gewisse Physis mitbringt und der im richtigen Moment am richtigen Ort die richtige Entscheidung trifft? Das ist etwas, das Kansas City zu Saisonbeginn verzweifelt gesucht hat.
Der Trade für Kadarius Toney hat sich als kompletter Fehlgriff erwiesen, Toney ist in Kansas City mittlerweile mehr für seine spektakulären Fehler bekannt, vom verschuldeten Pick-Six gegen die Lions gleich im Season Opener, bis hin zu seiner falschen Aufstellung beim eigentlichen, spektakulären Game Winner gegen die Bills.
Skyy Moore, immerhin ein einstiger Zweitrunden-Pick und in seiner zweiten NFL-Saison, scheint indes eher der nächste Gadget-Receiver in Kansas City zu sein. Wenn überhaupt. Und Marquez Valdes-Scantling ist noch die beste Option aus diesem Trio, doch auch er ist mehr einer für einzelne Momente, so wie bei Dritter-und-9 gegen die Ravens im AFC Championship Game, um den Deckel auf diese Partie zu machen. Und eben keiner für die konstante Production.
Hier kommt Rashee Rice ins Spiel. Genauer gesagt kam er ins Spiel, und zwar ziemlich genau ab Woche 12. Vorher hatte sich der Rookie-Receiver zwar auch schon gut geschlagen, aber ab Woche 12, als er gegen die Raiders sein erstes 100-Yard-Spiel hatte und erstmals in puncto Targets zweistellig unterwegs war, ist er ein unbestreitbarer Fixpunkt in der Offense.
Rice aus der Chiefs-Offense nicht mehr wegzudenken
Seit Woche 12 hatte Rice nur ein Mal weniger als fünf Catches und nur ein Mal weniger als sechs Targets. Beides gegen die Bills in der Divisional Round (4 Targets, 4 Catches).
Es fällt auf, dass er aus dieser Offense nicht wegzudenken ist. Gegen die Ravens im Championship Game hatte er Team-intern die zweitmeisten Targets, gegen die Bills ebenfalls. Gegen Miami führte er das Team gemeinsam mit Travis Kelce an (beide je zehn Targets), Rice hatte aber einen Catch sowie 59 Receiving Yards mehr.
Auch fing er den einzigen Touchdown-Pass von Mahomes in diesem Spiel, und es war eine typische Rice-Route: Ein kurzer Underneath-Crosser, und während die Defense die Augen auf Kelce hatte, stahl sich der Rookie davon und marschierte nach dem Catch zum Touchdown in die Endzone.
Gegen die Bengals in Woche 17 hatte nur Running Back Isiah Pacheco mit jeder Menge Checkdowns mehr Targets und Catches, Rice individuell hatte mehr als die Hälfte der Chiefs-Receiving-Yards in diesem Spiel (127 von 245). In der Woche davor hatte er die meisten Targets, Catches und Yards für KC.
Kurzum: Rashee Rice ist aus dieser Offense nicht wegzudenken, und auch wenn er dabei in erster Linie ein klar definierter Role Player ist: Angesichts der generellen Offense- und Receiver-Probleme, die Kansas City über die gesamte Saison geplagt haben, ist es auffällig, zu sehen, dass Mahomes neben Kelce vor allem seinem Rookie-Receiver vertraut.
Und das ergibt Sinn: Rice ist nicht nur genau der verlässliche Receiver, der JuJu letztes Jahr für Mahomes war, sondern zusätzlich gibt er der Offense konstant Plays nach dem Catch. Hier nutzt er seine Physis und seine Vision ganz besonders, es sind einige seiner besten Qualitäten als Receiver. Für eine Offense, der es in dieser Saison an Konstanz mitunter gemangelt hat, ein umso wichtigeres Feature. Denn Yards nach dem Catch können First Downs kreieren und lange Drives, die für Kansas City ohne die Explosivität vergangener Jahre enorm wichtig sind, am Leben halten.
Der klassische Possession-Receiver für Kansas City
Unter allen Wide Receivern mit mindestens 50 Targets verzeichnet in der laufenden Saison lediglich Deebo Samuel mehr Yards nach dem Catch pro Reception als Rashee Rice. Samuel steht bei 8,7 Yards nach dem Catch pro Reception, Rice bei 8,3. Kein anderer Receiver kommt auf mehr als 7,1.
Damit kommen wir in den Bereich, den ich mit “klar definierter Rolle” meine: Mit den gleichen Parametern - also Receiver mit mindestens 50 Targets in der laufenden Saison - steht Rice auf dem letzten Platz in puncto durchschnittlicher Target-Tiefe. Im Schnitt nur 5,2 Yards tief wirft Mahomes Rice den Ball zu, einzig Wan’Dale Robinson von den Giants ist ansonsten noch unter 6 Yards durchschnittlicher Target-Tiefe. Auf dem drittletzten Platz steht Arizonas Rondale Moore, und der ist mehr als ein volles Yard über Rice.
Oder, um es nochmal in den Samuel-Kontext zu bringen: Samuel, der ebenfalls einiges an Gadget-Targets in der Niners-Offense bekommt, wird im Schnitt fast zwei volle Yards tiefer angespielt als Rashee Rice. Das sind allesamt schon bemerkenswerte Zahlen.
Und das ist wichtiger Kontext, um den richtigen Rahmen abzustecken, dafür, was genau Rice in der Offense macht. Rice ist kein spektakulärer Route-Runner - auch wenn seine In-Breaking-Cuts bei den vielen kurzen Crossern nicht von schlechten Eltern sind - und keine vertikale Big-Play-Waffe, und nicht wenige seiner Targets sind kurze Pässe, die via Scheme frei sind.
Der Rookie ist kein Nummer-1-Receiver, um den man sein Passing Game aufbaut. Aber er ist ein sicheres Target in einer für diese Offense essenziellen Rolle. Ein “System Receiver”, wenn man so will, und das ist extrem wichtig für Kansas City. Seine 56 First Downs sind ein Top-15-Wert unter allen Receivern ligaweit in dieser Saison. Die Targets, die er jetzt bekommt, hat er sich mit seiner Verlässlichkeit und seiner Production nach dem Catch verdient.
Er ist der produktivste Rookie-Receiver, den Andy Reid bis dato jemals hatte. Vor DeSean Jackson und Jeremy Maclin noch aus Eagles-Tagen.
Welche Rolle spielt Rice im Super Bowl?
Mitte Dezember, als Kansas City gerade gegen die Packers und Bills verloren hatte, war Rice bereits ein Lichtblick für Head Coach Andy Reid. “Er wird besser, er wird besser”, erklärte Reid damals, “das ist eines der positiven Dinge, das man aus den letzten Wochen mitnehmen kann. Bei jeder Gelegenheit, die er bekommt, macht er Fortschritte.”
Jetzt hat Reid zwei Wochen Zeit, um die richtigen Räume in der Niners-Defense zu finden. Wir wissen, wie die Rolle von Rashee Rice aussehen wird - wie gut kann Kansas City das gegen San Francisco ausspielen?
Rice hatte in der bisherigen Saison allein 53 Targets bei Pässen, die über die Line of Scrimmage flogen und zwischen den Field Numbers landeten, also in der Mitte des Feldes. Fünf seiner Touchdowns kamen hier. Und San Francisco ist in dem Bereich stark besetzt, allen voran mit den Linebackern. Aber wir haben gerade auch gesehen, wie Detroit hier sehr gut attackieren konnte: Jared Goff war im NFC Championship Game im gleichen Bereich des Feldes 14 von 21 für 155 Yards und einen Touchdown.
Ein wenig von der Rolle von Sam LaPorta, ein wenig von der Rolle von Amon-Ra St. Brown, um im Vergleich des vergangenen Sonntags zu bleiben - das vermute ich für Rice im Super Bowl (Sonntag, 11. Februar ab 23:15 live bei RTL). Und ich denke, dass er eine Schlüsselrolle spielen kann.
Der defensive Fokus wird, insbesondere angesichts seiner Auftritte in den Playoffs, auf Travis Kelce liegen. Es wäre nicht das erste Mal in den vergangenen Wochen, dass Rice diesen Windschatten nutzen würde, um dem Spiel auf seine Art seinen Stempel aufzudrücken.
Adrian Franke



































