Vier Jahre ist es mittlerweile her, da riss Myles Garrett nach einem gewohnt starken Pass Rush seinem gegnerischen Quarterback Mason Rudolph den Helm vom Kopf und schlug damit auf dessen ungeschützten Kopf ein. Diese Tätlichkeit führte zu einer Sperre von sechs Spielen. Doch heute ist er der Leader einer der besten Defenses der NFL und wurde jüngst als Sack-Leader der Cleveland Browns zur Franchise-Ikone. 

Myles Garrett wuchs als Halbbruder neben dem späteren NBA-Basketballer Sean Williams auf und fand so bereits früh in seinem Leben ein Vorbild. Williams spielte zwischen 2007 und 2012 für die Boston Celtics. Als Garrett an die Texas A&M ging, emanzipierte er sich allerdings von Sean, denn er wollte aus den großen Fußstapfen heraustreten und seine eigene Geschichte schreiben. 

Am College bereits ein gefeierter Superstar wurde er zuerst zum All-American ausgezeichnet und später an erster Stelle im NFL Draft 2017 von den Cleveland Browns ausgewählt. Dort gab Garrett vom ersten Tag den Ton an, musste aber eine 0-16-Saison ohne einzigen Sieg hinnehmen. Eine bittere Pille, die er mit seinen Teamkameraden schlucken musste. 

Cleveland Browns trotz Myles Garrett 0-16

Ein richtiger Weckruf war die Katastrophen-Saison trotzdem nicht und so dümpelte die Franchise noch zwei weitere Jahre vor sich hin, in denen Myles Garrett zwar viele Sacks sammelte, der Erfolg aber ausblieb. So steuerte er in seinem zweiten Jahr 13,5 Sacks bei und erreichte zum ersten Mal in seiner NFL-Karriere zweistellige Werte in dieser für Pass Rusher sehr wichtigen Statistik. Die Browns hatten aber erneut keine gute Saison und entließen bereits während der Saison ihren Head Coach Hue Jackson. 

Ein weiterer Trainer in Freddie Kitchens wurde 2019 verschlissen. Der junge Offensiv-Stratege hatte die aus teils wirklich schwierigen Charakteren zusammengestellte Truppe überhaupt nicht im Griff. Ständig kam es zu Disziplinlosigkeiten auf und abseits des Feldes. 

Der Schlag mit dem Helm von Garrett gegen Rudolph, der ihn nach seiner Aussage während des Spiels ständig mit dem N-Wort beleidigt haben sollte, war der Tiefpunkt einer Saison voller Eskapaden, die zur anschließenden Sperre des Star-Defenders führte. Garrett wurde anschließend klar, dass er seiner Vorbildrolle nicht gerecht geworden war und sein Team in eine schwierige Lage gebracht hatte. 

Dann kam Head Coach Kevin Stefanski und dank ihm die erste Saison mit positiver Bilanz seit 2007. Bis zum heutigen Tag ist der ehemalige Offensive Coordinator der Minnesota Vikings im Amt. Er trägt die schwere Bürde, eine weiterhin aus sehr speziellen Charakteren zusammengestellte Mannschaft zusammenzuhalten. Trotz der Anwesenheit von Deshaun Watson und mittlerweile wieder Kareem Hunt, die sich beide Vorwürfen der sexuellen Belästigung oder körperlichen Gewalt gegenüber Frauen ausgesetzt sahen, gelingt es Stefanski, die Moral der Truppe aufrechtzuerhalten. 

Cleveland Browns: Jim Schwartz löst die Zügel der Defense

Zur Unterstützung holte er für diese Saison den erfahrenen Defensive Coordinator Jim Schwartz, der vor sieben Jahren mit den Philadelphia Eagles den Super Bowl gewann und bekannt dafür ist, eine sehr aggressive Defense zu spielen, was, wie zu erwarten war, den Spielern der Browns genau in die Karten spielt. 

Kein Team hat in den ersten drei Saisonspielen jemals so wenige Yards erlaubt, wie die Defense von Cleveland. Neun Sacks und 18 Tackles for Loss sammelte diese Abwehr bereits. Und natürlich ist Myles Garrett mit 4,5 Sacks und vier Tackles for Loss der Anführer der Gang. 

Im Spiel gegen die Tennessee Titans vor einer Woche krachte es viermal beim gegnerischen Quarterback Ryan Tannehill und Garrett brach mit insgesamt 79 Sacks in seiner Karriere den Allzeit-Franchise-Rekord von Bill Glass aus den 1960er Jahren. Garrett ist nun auch offiziell einer der größten Spieler in der Sportgeschichte der Stadt Cleveland und eine echte Browns-Ikone. 

Am Sonntag wird er wieder über das Feld jagen und es mit dem athletischen Quarterback Lamar Jackson und den Baltimore Ravens aufnehmen (ab 19 Uhr live auf RTL). Dann geht es um die Krone der AFC North in einem packenden Showdown, bei dem Garrett, der längst zum Führungsspieler gereift ist und dessen letzte Eskapaden nun schon lange zurückliegen, eine wichtige Rolle spielen wird. 

Philipp Forstner