Im Herbst 2022 enthüllte der "Spiegel" die skandalösen Methoden von Ex-BVB-Coach André Fuhr. Der sowohl bei Borussia Dortmund als auch beim DHB geschasste Trainer meldete sich nun erstmals nach den schweren Vorwürfen zu Wort.
"Ich war zwar auf das Schlimmste vorbereitet. Aber das, was ich dann gesehen habe, war noch viel schlimmer, als ich erwarten und ertragen konnte", sagte Fuhr mit Blick auf den "Spiegel"-Bericht zur "Sport Bild" und ergänzte: "Ich war quasi handlungsunfähig und bin in mir zusammengebrochen, habe wie gelähmt mit dem Handy auf dem Sofa gelegen. In den folgenden Tagen habe ich mich vom Bett zum Sofa geschleppt und wieder zurück. Ich habe mich nicht mehr aus dem Haus getraut, ich stand unter Schock."
Die Veröffentlichung der Vorwürfe haben in Fuhr eine "schwere Depression" ausgelöst. "Auf ärztliche Anordnung bin ich dann acht Wochen in eine Klinik gegangen", berichtete der Coach.
Im vergangenen Herbst hatten die Nationalspielerin Mia Zschocke und Amelie Berger schwere Vorwürfe gegen Fuhr erhoben und damit großen Wirbel entfacht. In der Folge meldeten sich weitere Spielerinnen, die nach eigenen Angaben psychisch unter den Trainingsmethoden des ehemaligen Coaches gelitten hatten. Zur Last gelegt wird dem Trainer neben dem ständigen Psychoterror und dem Missbrauch seiner Machtposition unter anderem sexuelle Belästigung.
"Bin sicher mal über das Ziel hinausgeschossen"
Über die Vorwürfe hat Fuhr bis heute nur in den Medien gelesen. Persönlich seien weder die Spielerinnen noch die Kommission zur Aufarbeitung und Prävention von Gewalt an den 52-Jährigen herangetreten.
"Es ist schwer, sich zu Vorwürfen - noch dazu teilweise anonym - zu äußern, zu verteidigen, die nicht direkt, sondern ausschließlich über die Medien vorgetragen wurden", betonte Fuhr.
Es sei "eine Welle entstanden, die alles mitgerissen" habe. "Es gibt Sachverhalte, die nicht stattgefunden haben, es gibt Sachverhalte, die so nicht stattgefunden haben, es gibt Sachverhalte, an die ich mich nicht in der geschilderten Form erinnern kann oder eine andere Erinnerung habe", sagte Fuhr und führte weiter aus: "Dann gibt es subjektive Wahrnehmungen und persönliche Empfindungen. Und wenn eine Spielerin sich so gefühlt hat, kann und will ich das nicht bestreiten. Das würde ich auch niemals tun. Im Gegenteil: Dann bedaure ich das von ganzem Herzen sehr."
Die Vorwürfe nehme der Handball-Trainer "sehr ernst". "Und wenn das so gewesen sein soll, dann muss ich mich natürlich noch kritischer reflektieren. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein emotionaler Trainer bin. Und in meinem zweifellos großen Ehrgeiz bin ich sicher auch mal über das Ziel hinausgeschossen", gab Fuhr zu und stellte klar: "Das alles ist natürlich keine Entschuldigung, aber in 20 Trainerjahren passieren auch Fehler."
Fuhr bereut Vertragsauflösung beim BVB
Dass er dem Auflösungsvertrag beim BVB zugestimmt hat, bereut Fuhr heute. "Ich hätte um meinen Ruf und um meine Existenz kämpfen müssen, an der Stelle, zu dieser Zeit. Ich hätte mich damals wehren müssen."
Fuhr sei damals noch davon ausgegangen, dass er möglichst schnell wieder als Trainer einer Profimannschaft an der Seitenlinie stehen wird. "Weil ich überzeugt war, dass Qualität und Erfolge irgendwie objektiv gesehen werden, und diese Fähigkeiten niemand infrage stellt", so der ausgebildete Lehrer.
Eine Rückkehr in den Frauenhandball kann sich Fuhr, der bis September beim Männer-Fünftligisten MTG Horst tätig war, grundsätzlich vorstellen. "Denn der größere Teil meiner Spielerinnen hat sich nie über mein Verhalten beschwert", betonte er, gab auch auch zu Bedenken: "Mir ist auch klar, dass das sehr schwer werden wird."