Sportlich hätte der letzte Winter für Bundestrainer Maximilian Mechler und die deutschen Skispringerinnen kaum besser laufen können. Welche Lehren er daraus zieht und warum das Frauen-Skispringen für die weitere Entwicklung unbedingt eine Vierschanzentournee braucht, verriet er nun in einem Podcast-Interview.
Auch mit inzwischen fünf Monaten Abstand war der letzte Winter für die deutschen Skispringerinnen und Bundestrainer Maximilian Mechler vor allem eins: "Überragend für das ganze Team." Alles andere wäre bei drei WM-Goldmedaillen, einer weiteren Bronzemedaille, sowie sieben Weltcupsiegen durch Katharina Schmid (geborene Althaus) und je vier zweiten und dritten Plätzen eine Untertreibung gewesen.
Diese Bilanz ist schlicht Zeugnis dessen, dass es der West-Allgäuer geschafft hat, das gesamte Team wieder in die Weltspitze zu bringen. Umsichtig und realistisch wie Mechler ist, warnte er in einem rund einstündigen Gespräch mit dem Skisprung-Podcast "Flugshow" jedoch: "So eine Saison wie die Letzte mit so vielen Erfolgen kann man nicht einfach so wieder erwarten."
Das geht vor allem deshalb nicht, weil im kommenden Winter kein Großereignis auf Schmid und Co. wartet: Der Winter 2023/2024 kommt ohne WM oder Olympische Spiele daher. Und auch auf die langersehnte Vierschanzentournee lässt noch auf sich warten, obwohl es vor einem Jahr noch danach aussah, als würde es heuer schon so weit sein.
Der Traum zerplatzte zehn Tage vor dem Weihnachtsfest 2022 nach einer Ankündigung des Österreichischen Skiverbandes. "Die Tournee für die Damen wird nicht vor 2024/2025 umgesetzt", gab ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober seinerzeit zu Protokoll. Der Deutsche Skiverband (DSV) wollte sich damit nicht abfinden und kündigte in Person von Sportdirektor Weltcup Horst Hüttel zwei Wochen später an, dass die Skispringerinnen Wettkämpfe in Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf rund um den Jahreswechsel bekommen würden.
"Halbe" Frauen-Tournee im kommenden Winter nur Zwischenziel
Gesagt, getan: Am 30. Dezember 2023 und 1. Januar 2024 dürfen die Frauen in den deutschen Tournee-Orten springen – dann wird die "Two-Nights-Tour" ihre Premiere geben. Für Mechler ist dieses Event "die beste Variante, um in der aktuellen Situation vorwärts zu kommen."
Das Hin und Her zwischen den Verbänden ist aus Sicht des Ex-Springers Teil der Geschichte: "Es gab eine Zeit, wo die Österreicher das wollten und die Deutschen gebremst haben. Jetzt ist es umgekehrt. Aber es sieht gut aus, dass es nächstes Jahr dann endlich so weit ist – zumindest sind das die Signale."
Die "halbe" Tournee sei dennoch ein Highlight für ihn und seine Athletinnen, dürfe aber nur ein Etappenziel sein. Entsprechend deutlich bezog der Frauen-Bundestrainer im Podcast "Flugshow" Stellung: "Wir [der DSV, Anm. d. Red.] sind der Meinung, dass eine Vierschanzentournee unerlässlich ist, die braucht es unbedingt. Dieses Event hat so eine Strahlkraft, da wird nichts anderes drankommen. Man kann ja andere Touren machen, aber nicht statt einer Vierschanzentournee, sondern zusätzlich. Eine Vierschanzentournee zur Neujahrszeit ist für mich notwendig."
Dass es weiterhin offene Fragen hinsichtlich der Organisation gebe, sei ihm bewusst, "deswegen bin ich für alle Lösungen offen." Die wahrscheinlichste Variante sei derzeit, wie heuer mit Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf, die Austragungsorte in umgekehrter Reihenfolge zu der der Männer anzusteuern.
Denkverbote in dieser Hinsicht dürfe es ohnehin nicht geben, so Mechler klar: "Mir ist es allemal lieber, die Orte in umgekehrter Reihenfolge anzusteuern anstatt keine Vierschanzentournee zu haben. Danach kann man immer noch darüber reden, ob es andere Konzepte innerhalb der vier Orte gibt."
Dass gemeinsame Veranstaltungen mit den Männern die weitere Entwicklung des Frauen-Skispringens fördern, hätten gerade die Doppel-Veranstaltungen in Titisee-Neustadt und Willingen im vergangenen Winter gezeigt. "Das waren absolute Highlights. Wenn wir solche Events öfter haben, ist die Entwicklung des Frauen-Skispringens noch lange nicht am Ende", ist sich Mechler sicher.
Luis Holuch