Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft hat sensationell Silber bei der WM gewonnen. Was steckt hinter diesem Erfolg? Wir nennen die sechs wichtigsten Gründe.
- 1. DER TRAINER
Harold Kreis, im dritten Anlauf endlich Bundestrainer, ist ein Glücksfall. Gleich bei seinem ersten Turnier als Chef zeigte er, was er in 20 Jahren als Profi und 26 Jahren als Coach gelernt hat. Der 64-Jährige wählte die Spieler nicht nach Scorerpunkten, sondern strikt nach Rollen aus, ließ freiwillig vier der besten fünf deutschen DEL-Torschützen zu Hause, passte die Taktik seiner Vorgänger Marco Sturm und Toni Söderholm an die Spieler an, behielt in kritischen Situationen die Ruhe, scheute sich aber auch nicht, einen seiner Stars ein Drittel lang auf der Bank schmoren zu lassen. Old School? Nein, historisch gut.
- 2. DIE "ALTEN" ANFÜHRER
Kapitän Moritz Müller, von Kritikern als Auslaufmodell verspottet, zeigte in Tampere und Riga, dass er auch mit 36 Jahren noch viel zu bieten hat. Nicht nur in der Kabine, sondern auch auf dem Eis, wo er eine starke WM als Abwehrstabilisator spielte. Aber natürlich auch als Motivator neben dem Eis, der inzwischen mehr als jeder andere für den Geist der Olympia-Silberhelden von 2018 steht - und dafür, dass ein Viertelfinaleinzug nicht mehr wie in der Vergangenheit das Maß aller Dinge ist. Die andere Verbliebenen, Marcel Noebels, Jonas Müller und Dominik Kahun, unterstützten ihn dabei.
- 3. DER NEUE ANFÜHRER
Stanley-Cup-Sieger und WM-Finalist innerhalb eines Jahres: Was eigentlich nur Kanadiern oder Finnen und Schweden gelingt, schaffte auch Nico Sturm. Der Spätzünder, der erst mit 28 Jahren sein Debüt in der Nationalmannschaft gab, schwang sich gleich zum Leistungsträger und Führungsspieler auf. Ging mit riesigem Einsatz voran, blockte auch noch Schüsse, als Spiele längst entschieden waren, stand immer auf dem Eis, wenn es knifflig wurde. Und überraschte als Torjäger: Mit sechs Treffern war er am Ende der viertbeste des gesamten Turniers.
- 4. DAS TEAM
Acht WM-Debütanten nahm Kreis mit, ließ Torjäger wie Dominik Bokk oder Maximilian Kammerer zu Hause - und achtete besonders darauf, Spieler nach Aufgaben auszuwählen. So wurde beispielsweise Wojciech Stachowiak, der vor einem Jahr noch zeitweise in der zweiten Liga spielte, zum deutschen Senkrechtstarter der WM. Aber auch die anderen füllten perfekt ihre Rollen aus - und verinnerlichten den Teamgeist, der Berge versetzte.
- 5. DIE MENTALE STÄRKE
Nach drei Niederlagen zum Auftakt schrillten in der Heimat schon die Alarmglocken. Doch auch mit der Hilfe des Sportpsychologen Tom Kossak, der das Team bereits in den vergangenen Jahren begleitet hatte, behielten die Spieler die Ruhe und den Glauben an ihre Fähigkeiten - und gewannen sechsmal in Folge. Dabei warfen sie die beiden besten Teams der Vorrunde raus, weil sie mental stärker waren - auch weil sie schon früh im Turnier erfolgreich gegen Widerstände angekämpft hatten.
- 6. DIE SPIELWEISE
Kreis wollte nicht viel am Erfolgsrezept seiner Vorgänger ändern. Die Mannschaft sollte dominant und selbstbewusst auftreten - mit viel Scheibenbesitz. Doch er hatte schnell auch einen einfachen und effektiven Plan B parat: Wenn das Risiko zu groß wird, sollte der Puck ins Angriffsdrittel geschossen und mit starkem Forecheck zurückerobert werden. Die Großchancen für die Gegner wurden weniger, die eigenen Tore fielen immer häufiger.