Die Schach-Weltmeisterschaft zwischen Ding Liren und Jan Nepomnjaschtschi lieferte in den vergangenen Wochen viel Gesprächsstoff. Nicht selten wurde das Niveau der Partien kritisiert. Manch einer behauptete gar, der Chinese sei kein "echter Weltmeister". Das sieht Verbandschef Arkady Dvorkovich völlig anders.
Einer der größten Kritiker der Schach-WM 2023 ist gleichzeitig einer der prominentesten Namen der Szene. Der große Garry Kasparov erklärte schon vor dem Beginn der Partie zwischen Ding und Nepomnjaschtschi, dass es in seinen Augen keine "echte Weltmeisterschaft" sei, da mit Magnus Carlsen der beste Spieler der Welt nicht teilnehme.
Nicht wenige folgten in den letzten Tagen dieser Argumentation. Dass die WM spielerisch nicht immer das erwartete Niveau erreichte, war Wind auf die Mühlen der Kritiker. FIDE-Chef Arkady Dvorkovich geht da nicht mit. In seinen Augen hat die Weltmeisterschaft genau das geboten, was der Schach-Sport gebraucht hat.
"Das war nicht einfach nur ein Film, das war ein Blockbuster", schwärmte Dvorkovich im "MatchTV"-Interview von der WM. Er stimme "absolut nicht" mit der Meinung überein, dass Ding Liren am Ende nur ein "Fake-Weltmeister" sei. "Dass Magnus Carlsen ihm gratuliert hat, ist der Beweis dafür, dass er ihn für einen legitimen Weltmeister hält", meinte der FIDE-Chef.
Fehler seien nun einmal Teil des Sports, urteilte der Russe: "Wir diskutieren ja auch nicht darüber, ob Argentinien ein echter Fußball-Weltmeister ist. Obwohl die Mannschaft in Katar gerade am Anfang des Turniers nicht weniger Fehler gemacht hat, als hier passiert sind."
So weit, die Partie zwischen Ding und Nepo als beste der WM-Geschichte zu bezeichnen, wollte aber auch Dvorkovich nicht gehen. "Jede Partie um den WM-Titel war auf ihre eigene Weise gut und aufregend. Es gibt keinen Weg zu sagen, ob dieses oder jenes Match das beste war. Was die Faszination angeht, vor allem für Gelegenheitsspieler, war diese Partie aber eine der interessantesten [der WM-Geschichte]", urteilte der Verbandspräsident.
FIDE-Boss drückte Nepomnjaschtschi die Daumen
Dass es mit Ding Liren am Ende einen verdienten Sieger gab, erkannte Dvorkovich neidlos an. Gleichzeitig gab er aber auch zu, dass er persönlich Nepo die Daumen drückte.
"Es ist doch klar, dass ich als Mensch, der in Russland geboren wurde und eine Verbindung zum russischen Schach hat, mit Jan sympathisiert habe. Gleichzeitig mochte ich aber auch Dings Spiel", betonte der FIDE-Chef, der zudem von einem privaten Gespräch mit Nepomnjaschtschi nach dem WM-Ende berichtete.
"Um was es in dem Gespräch ging und was dabei herausgekommen ist, werde ich nicht verraten. Aber Fakt ist: Zu sagen, Jan wäre sauer, wäre sehr milde ausgedrückt", erklärte Dvorkovich.