Magnus Carlsen ist entthront, die Schach-Welt hat einen neuen Weltmeister. In einem dramatischen Finale setzte sich Ding Liren am Sonntag im Tie-Break gegen Jan Nepomnjaschtschi durch. Der Russe war nach der Niederlage am Boden zerstört und erhielt von vielen Seiten aufbauende Worte. Der Vize-Präsident des russischen Schachverbandes wählte einen anderen Weg. Er kritisierte Nepo nach der Partie scharf.
Drei Wochen lang lieferten sich Ding Liren und Jan Nepomnjaschtschi einen unterhaltsamen, abwechslungsreichen und außergewöhnlichen Kampf um das Erbe von Magnus Carlsen. Das WM-Drama gipfelte am Sonntag in der vierten und letzten Partie des Tie-Breaks, in der Nepo für einen Fehler eiskalt von seinem Gegner bestraft wurde und somit zum zweiten Mal die Chance verpasste, Weltmeister zu werden.
Die schwerste Niederlage seiner Karriere stand dem Russen schon Sekunden vor seiner Aufgabe ins Gesicht geschrieben. Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her, schob mit zitternder Hand ein paar eroberte Figuren seines Gegner über den Tisch, spielte dann noch einen Zug und gab schließlich auf. Anschließend stürmte der wütende und tief enttäuschte 32-Jährige von der Bühne.
Angesichts dieser Szenen fühlten im Anschluss viele Fans und andere Profis mit dem Russen. Sie munterten Nepo mit Nachrichten in den sozialen Medien auf und sprachen ihm gut zu. Sergey Smagin, Vize-Präsident des russischen Schachverbandes, stimmt dort nicht mit ein. Er kritisierte seinen Landsmann nach der Niederlage im "TASS"-Interview scharf.
Nepo "kann sich nur selbst verantwortlich machen"
"Jan hat schon vorher psychologische Probleme gehabt. Diese haben sich auch hier gezeigt", unterstellte Smagin dem Großmeister ein Kopfproblem. Nepo habe in seinen Augen in der letzten Partie überhaupt nicht in Betracht gezogen, als Verlierer vom Brett gehen zu können. "Und dann hat er mehrere Fehler in einer nicht so komplizierten Stellung begangen", urteilte der Verbandsoffizielle.
"Wenn die Anspannung steigt, verliert er seinen kühlen Kopf. Ding hat keine brillanten Züge gespielt, aber das durchschnittliche Niveau seiner Züge war recht hoch. Und in kritischen Situationen hat er eiskalt gespielt. Jan hat dagegen alles in 30 Sekunden ruiniert", kritisierte Smagin seinen Landsmann.
Insgesamt bewertete Smagin das Niveau der WM-Partien als schwach. "Kein Spieler hat dominiert, sie haben beide ähnlich große Probleme gehabt. Sie haben ohne Rücksicht und strategischen Plan gespielt. Unser Spieler hatte viel mehr Chancen auf den Sieg. Für die Niederlage kann er sich deshalb nur selbst verantwortlich machen", klagte der Offizielle.