Um 0,23 Sekunden verpasste Ramona Hofmeister beim Weltcup-Finale in Berchtesgaden die große Kristallkugel für den Weltcup-Gesamtsieg der Snowboarderinnen. In ihrer Kolumne für sport.de lässt Deutschlands beste Snowboard-Crossfahrerin das Event am Götschen noch einmal Revue passieren.
Es war ein Weltcupfinale nach Maß! Herrlichstes Kaiserwetter mit blauem Himmel und 17 Grad am Götschen in Berchtesgaden, meinem Hausberg in der Heimat. Der Parallel-Slalom stand für uns Frauen auf der Agenda, mit dem auch die Entscheidung fallen sollte, wer in dieser Saison die große Kristallkugel mit nach Hause nehmen dürfte.
Über die letzten Weltcups hinweg hatte ich mich im Gesamtranking auf den zweiten Platz gekämpft und war nicht mehr weit weg von der Gesamtführenden , der Schweizerin Julie Zogg. Im Trainerstab und auch im Fanpulk hatten nun schon die Taschenrechner geraucht, unter welchen Bedingungen ich die Große Kugel doch noch an mich reißen könnte. Dass ich davon nicht unbehelligt war, versteht sich von selbst, aber ich habe mich in der Tat zum Schluss nur auf mich fokussieren können.
Das Achtelfinale versprach schon großartigen Sport; wir alle waren in einer guten Form. Die Piste war von den vielen Helfern des WSV Bischofswiesen in einer unnachahmlichen Art gut präpariert worden und sie hielt trotz der hohen Temperaturen und der direkten Sonneneinstrahlung auf die Piste bis zum letzten Abschwung.
Es waren knappe Vorsprünge, die die meisten Achtelfinalsiegerinnen in die nächste Runde einfahren ließen- Spannung pur am Götschen -Hang in jedem Rennen, das T-Shirt bekleidete Publikum konnte oft mit bloßem Auge nicht erkennen, welche Athletin zuerst über die Ziellinie ging. Nervenstärke war gefragt, bei seiner Linie bleiben, sich nicht von der Gegnerin unter Druck setzen lassen, was schnell mal ein Ausscheiden zur Folge haben kann.
Juli Zogg, Esther Ledecka und ich konnten in die Viertelfinale-Paarungen einziehen und damit stand eine interessantes Duell an der Tafel – nämlich die Gesamtführende Juli Zogg und eben der Tschechin Esther Ledecka, der Doppelolympiasiegerin im Snowboard und Super-G, die nach längerer Verletzungspause ihr Comeback als Schnellste der Qualifikation feierte. Das ließ die meisten meiner Anhänger ja schon das erste Mal hoffen.
Ein Sieg von Ledecka und ein weites Vorstoßen meinerseits könnte den Vorsprung von Zogg auf mich im Gesamtweltcup schmelzen lassen. Es kam dann ein Gigantenduell, den ganzen Kurs absolvierten die beiden im Gleichtakt bis kurz vor Schluss Zogg einen kleinen Fehler einbaute, der die entscheidenden Hundertstel für Ledecka bedeutete. Ich dagegen konnte mein Viertelfinale gewinnen und beflügelte die Fantasien.
Halbfinale gegen meine Mannschaftskameradin Cheyenne Loch: Engagiertes Rennen von beiden, eine Boardspitze mehr für mich- Sieg, Finaleinzug, das Duell mit Ledecka und tatsächlich die Chance mit einem Sieg am Götschen doch noch die große Kugel zu bekommen, aber ein Sieg musste es sein!
Es war ein tolles Finale, ein toller Kampf, Ledecka war an diesem Tag zu stark, 23 Hundertstel fehlen am Gesamtweltcupsieg – das ist Sport!
Nach einer durchwachsenen Saison bin ich sehr zufrieden, doch noch die zweitbeste Snowboarderin der Welt geworden zu sein!
Herzliche Grüße
Ramona Hofmeister