Der Skisprung-Zirkus zieht nach Willingen weiter. Dort ist Anna Rupprecht auf der Großschanze gefordert. Warum Willingen für die 26-jährige Skispringerin "Neuland" ist und wie sie die Herausforderung meistern will, erklärt Rupprecht in ihrer sport.de-Kolumne.
Willingen ist der nächste Ort unserer Weltcuptour und damit werden wir am nächsten Wochenende die Schanze springen, die ich in dieser Saison für mich persönlich als die größte Herausforderung ansehe.
Die Schanze im hessischen Sauerland ist eine Großschanze, allerdings die größte aller Nichtflugschanzen, die uns Frauen Sprünge bis zu 150 Meter ermöglicht. Da ich (noch) nicht das größte Flugtalent, insbesondere in Wettkampfsituationen, bin und ich auch die Schanze noch nie vorher gesprungen bin, gehe ich mit Respekt an die Aufgabe in Willingen heran.
Also betrete ich Neuland!
Das Problem für mich persönlich besteht darin, dass ich grundsätzlich sehr absprungstark bin und mit Kraft den weiten Sprung einleite. Daher bin ich tatsächlich der Typ Athletin, der auf Normalschanzen am besten performt. Großschanzen erfordern eine andere Herangehensweise; auf ihnen muss man Geschwindigkeit entwickeln, um akzeptable Weiten zu erzielen.
Für mich ist es daher entscheidend, schnell und aggressiv den Schanzentisch zu verlassen, um in aerodynamisch günstiger Form in das Fliegen zu kommen, das bestenfalls mit dem Telemark abgeschlossen werden sollte.
Für mich das vor allem eine mentale Aufgabe, nachdem wir in den vergangenen Wochen sehr viele Normalschanzen gesprungen sind, insbesondere auf dem Silvesterturnier in Slowenien und Österreich.
Rupprecht sieht keinen "psychischen Druck"
Ich werde nun ganz gelassen nach Willingen anreisen. Die DSV-interne WM-Qualifikationsnorm mit der Anforderung, zweimal Top 15 und einmal Top 8 platziert gewesen zu sein, habe ich mit meinen Ergebnissen (5. und 8.Platz sowie zahlreiche Top-15-Platzierungen) übererfüllt, so dass ich keinen psychischen Druck verspüre.
Sollte es in Willingen gut laufen, nehme ich das gerne mit, falls das Gegenteil der Fall sein sollte, kann ich dieses Format beruhigt "in die Ecke stellen", da die Art der Schanze eben Rahmenbedingungen aufweist, die jenseits der Anforderung liegen, die die WM-Schanzen in Planica mit sich bringen werden und die es insbesondere im Blick zu haben gilt.
Die Willinger Schanze bringt einen eigenen psychischen Druck, eine eigene mentale Anforderung mit sich. Erfahrung mit einer solchen Schanze habe ich - wie gesagt - nicht und ich denke, um Spitzenleistungen abrufen zu können, hätte man sie öfters springen müssen.
Bereits kleine Fehler können zu einem "Strömungsabriss" führen, der Weite kostet. Erfahrung spielt vor allem auf den letzten 15 bis 20 Meter Flug eine große Rolle. Man muss die Konzentration, den Mut und das Fluggefühl gleichermaßen einsetzen, um den Sprung zu ziehen.
Anyway – kommen, sehen und vielleicht performen, so wie ich es nicht unbedingt erwarte, das ist die Vorgabe!
Herzliche Grüße
Anna Rupprecht