Während einige Stars bei Borussia Dortmund noch auf der Suche nach ihrer Form und Idealposition sind, hat sich Julian Brandt endlich gefunden. Aus dem Team von Trainer Edin Terzic ist das frühere BVB-Sorgenkind aktuell nicht wegzudenken. Auch Hansi Flick dürfte das nicht entgangen sein.
Ob Julian Brandt am Mittwochabend im sportlich bedeutungslosen letzten Champions-League-Gruppenspiel der Dortmunder Borussia beim FC Kopenhagen (ab 21:00 Uhr im LIVE-Ticker bei sport.de) zur schwarz-gelben Startelf zählen wird, ist unklar.
Am vergangenen Wochenende war der 26-Jährige nach seinem Führungstreffer beim 2:1-Erfolg in Frankfurt bereits nach 61 Minuten ausgewechselt worden, laut Edin Terzic waren Kreislaufprobleme dafür verantwortlich.
Gut möglich, dass der Übungsleiter seinem Schützling in Dänemark ebenso wie einer Reihe anderer Stammspieler eine Verschnaufpause gönnt.
Stammspieler? Brandt? Was beim BVB lange Zeit so gar nicht zusammenpassen wollte, ist mittlerweile Realität: In seinem vierten Jahr beim westfälischen Bundesligisten ist der Kreativkopf endlich unumstritten. Aus dem einstigen Edeljoker mit ausgeprägtem Hang zum Phlegma ist ein zentraler Erfolgsfaktor geworden.
BVB-Coach Terzic gerät bei Brandt ins Schwärmen
"Er macht es in den letzten Wochen herausragend gut und wir hoffen, dass er so weitermachen kann", schwärmte Terzic nach dem hart erkämpften und in seiner Entstehung glücklichen Auswärtssieg in Frankfurt von Brandts Qualitäten.
Dessen Treffer zum zwischenzeitlichen 1:0 beschrieb der Coach wie folgt: "Er macht es richtig gut. Das Tor war super vollendet, aber der Diagonalball vorher auf Malen war top. Jule behält dann die Ruhe, schließt super ab und bringt uns in Führung."
Aktionen wie diese haben Brandts Stellenwert beim BVB nach drei Spielzeiten voller Aufs und Abs deutlich erhöht. Pünktlich zur Winter-WM in Katar läuft der gebürtige Bremer auf Hochtouren, sein Turnier-Ticket wird von Woche zu Woche wahrscheinlicher.
Verbessertes Defensivverhalten als Basis
Verdient hat sich Brandt diesen Aufschwung auch, weil er mit Nachdruck an seinen Schwächen gearbeitet hat. Zwar wird der Blondschopf in diesem Leben wohl kein Zweikampfmonster mehr, seine Arbeit gegen den Ball hat er dennoch unübersehbar verbessert.
Ebenfalls wichtig: Der vertraglich noch bis 2024 gebundene Allrounder setzt seine enorme Vielseitigkeit nun gewinnbringend für das Team ein. Früher wirkte Brandt nirgendwo richtig zuhause, heute quasi überall. Mal im offensiven Mittelfeld, mal auf der linken Außenbahn, gelegentlich sogar rechts - der Ballkünstler weiß sich und seine Mitspieler stets in Szene zu setzen.
"Er hat gerne im Zentrum gespielt, wo er sich am wohlsten fühlt, aber ich finde er hat auch auf den Flügelpositionen immer wieder gute Aktionen gehabt", hob Terzic unlängst hervor.
BVB: WM-Teilnahme für Julian Brandt zum Greifen nah
Aus dem einstigen Sorgenkind Brandt, das in Dortmund lange Zeit einfach nicht so funktionieren wollte wie zuvor bei Bayer Leverkusen, ist spätestens in der laufenden Saison ein zuverlässiger Impulsgeber geworden, sieben Torbeteiligungen in 17 Pflichtspielen 2022/2023 belegen das eindrucksvoll.
Auch Bundestrainer Hansi Flick dürfte die positive Entwicklung des vormals als Schönwetter-Fußballer verschrienen Profis aufmerksam verfolgt haben.
Bislang war Brandt unter dem ehemaligen Coach des FC Bayern nur Standby-Nationalspieler, rund eine Woche vor der Verkündung des 26-köpfigen deutschen WM-Aufgebots stehen seine Chancen auf eine Nominierung aber gut. Zum einen wegen seiner starken Form, zum anderen, da in Gladbachs Florian Neuhaus ein direkter Konkurrent verletzt ausfällt.
Um selbst in bester Verfassung zu bleiben, winkt Brandt nun in Kopenhagen ein wenig Schonung. Da sich die Borussia bereits vorzeitig für die K.o.-Runde der Champions League qualifiziert hat, wird Edin Terzic voraussichtlich einigen Akteuren aus der zweiten Reihe die Möglichkeit geben, sich im abschließenden Gruppenspiel zu beweisen.
Zweite Reihe? Brandt? Das war einmal.
Heiko Lütkehus