Der Streaming-Dienst "S Nation" mischt ein Jahr vor dem Start die Sportwelt auf. Ex-DFL-Chef Christian Seifert hat für sein Projekt schon vier Profi-Ligen gewonnen.
Jahrelang war Christian Seifert eine Art Heilsbringer von König Fußball. Als er 2005 der starke Mann der Deutschen Fußball Liga wurde, lag der Umsatz der 1. und 2. Bundesliga bei 1,5 Milliarden Euro. Ehe Corona die Bilanzen verhagelte, waren es 4,5 Milliarden. Vor allem aber ist es Seifert gelungen, den Fußball zu einem omnipräsenten Produkt zu machen. Und nun: Will er dem Fußball Aufmerksamkeit abringen.
Seifert macht nun sein eigenes Ding. "S Nation Media" heißt das Kind, laufen soll es ab 2023 - doch bereits jetzt sorgt der neue Sport-Streaming-Dienst, ein Joint Venture mit dem finanziell potenten Axel-Springer-Konzern, für Aufsehen: Seifert hat die Rechte für die Bundesligen im Tischtennis (TTBL), Volleyball (VBL), Basketball (BBL) und zuletzt auch Handball (HBL) in sein Portfolio geholt, nur die Deutsche Eishockey Liga (DEL) lehnte ab.
Was Seifert, Springer, der zusätzliche Medienpartner "ARD" und vor allem die Verantwortlichen der Ligen wollen: Die Dominanz des Fußballs in der öffentlichen Wahrnehmung so gut wie möglich einzuschränken. Sein Konzept, sagte der ehemalige Fußball-Verkäufer dem Magazin Sponsors, gehe "weit über den reinen Medienvertrag hinaus", das heißt: "Wir wollen mit unseren Partnern ein neues Niveau der Präsenz und Wahrnehmung erreichen."
Und diese neuen Partner sind offensichtlich begeistert von den Chancen, die Seifert ihnen bieten will. So sagte etwa BBL-Geschäftsführer Stefan Holz dem "SID": Die Vision sei, "dass es sicherlich nicht bei den Reichweiten, die wir derzeit erzielen, bleiben kann". Der Basketball will raus "aus unserer Blase". Holz' Traum: "Mit der Szene des Wochenendes auf dem Schulhof ein Thema sein."
Die BBL war bislang bei "MagentaSport", dem Angebot der Telekom. Die HBL, die ihren Wechsel noch nicht offiziell verkündet hat, läuft noch bei "Sky", ab der Saison 2023/24 dann für fünf Jahre bei "S Nation" - und sie ist fraglos der größte Coup von Seifert. Selbst Basketballer Holz sagt: "Wir freuen uns sehr, dass auch die HBL den Schritt zu S-Nation gegangen ist, denn diese Kombination lässt durchaus Phantasie zu."
Die HBL soll angeblich mit zwölf Millionen Euro pro Jahr geködert worden sein, und "klar", sagt Holz, für die BBL "ist das Angebot auch finanziell attraktiv gewesen, Gleiches galt aber auch für das Angebot von Magenta". Das Ziel aber ist vor allem, sagte VBL-Geschäftsführer Daniel Sattler dem "SID", "Sichtbarkeit und Reichweite zu steigern und neue Zielgruppen sowie Erlöse zu erschließen". Mehr Aufmerksamkeit soll zu mehr Einnahmen führen.
Für eine Liga wie der TTBL ist die ebenfalls ab 2023 für fünf Jahre angelegte Zusammenarbeit "die Chance auf einen Quantensprung", wie Geschäftsführer Nico Stehle dem "SID" sagte. Das Konzept, "die Reichweiten, die mediale Kraft mit Springer, das eröffnet uns ganz neue Leistungswerte". Seifert selbst überlässt dabei nichts dem Zufall: Im Juni war er beim TTBL-Finale in Frankfurt und nahm persönlich bestmögliche Kamerapositionen in Augenschein.
"Es wird einen Push geben. Christian Seifert sieht durch sein Knowhow und seinen leidenschaftlich-kritischen Blick in einer Minute Dinge, die andere überhaupt nicht sehen. Es beginnt eine neue Zeit, die für uns auch eine Zeit des Aufbruchs sein soll", sagte TTBL-Aufsichtsratschef Andreas Preuß.
Mitspielen müssen aber auch die potenziellen Kunden - sie brauchen neben "Sky", "DAZN" und "Amazon" für Fußball und "MagentaSport" für Eishockey nun ein weiteres Abo: Es soll 15 Euro im Monat kosten. "Das gemeinsame Potenzial der Sportarten, über die wir reden, ist etwa so groß wie Holland - nämlich ungefähr 17 Millionen Menschen. Wir wollen möglichst viele von ihnen für diese Sportarten begeistern und gewinnen", sagt Seifert.