Nadine Nurasyid ist Headcoach der Munich Cowboys. Die 36-Jährige sorgt damit für ein Novum im europäischen Profi-Football - und will anderen Frauen ein Vorbild sein.
Als Kind tänzelte Nadine Nurasyid noch zwölf Jahre lang elegant durch das Ballettstudio, mittlerweile tanzen rund 120 starke Männer nach ihrer Pfeife. Die 36-Jährige ist Football-Cheftrainerin der Munich Cowboys - und damit europaweit die erste und einzige bei einem Profi-Männerteam. "Irgendjemand muss es ja das erste Mal machen, damit es irgendwann normal wird", sagt Nurasyid im Interview mit dem "Sport-Informations-Dienst".
Über Ballett, Kampfsport und Fußball fand sie erst mit 27 Jahren den Weg zum American Football - neun Jahre später ist sie bereits Headcoach eines Teams aus der German Football League (GFL), der höchsten deutschen Spielklasse. Und die Männer hören auf das Wort der gebürtigen Münchnerin: "Es gibt keine blöden Sprüche, alle haben Respekt", sagt Nurasyid, die im Winter die Chefrolle bei den Cowboys übernahm und weiterhin als Defensive Coordinator arbeitet.
Als Frau, glaubt Nurasyid, habe sie sogar ein paar Vorteile beim Coaching des Männerteams. "Es kann sein, dass man unbewusst mit einer Frau anders umgeht und ihr das ein oder andere mehr durchgehen lässt. Vielleicht bin ich deswegen so schnell in diese Rolle gekommen", sagt sie mit einem Schmunzeln: "Am Ende muss man sich aber über Kompetenz beweisen."
2013 fing Nurasyid beim Ladies-Team der Cowboys mit Football an, sie "blute schwarz-gelb", versichert die Sporttherapeutin. Inspiration für Spielzüge und Taktik holt sie sich vor allem im US-College-Football, zuletzt schnupperte sie zwei Wochen bei der University of Alabama um Starcoach Nick Saban rein. Und Saban war es auch, der sich prominent für Frauen im Profi-Football stark gemacht hatte. "Er hat damals schon gesagt, dass Frauen einen anderen Blick auf den Sport haben und es Vorteile hat, eine Frau im Staff zu haben", erzählt Nurasyid.
Ob es Vorteile für die Cowboys hat, dass Nurasyid an der Seitenlinie steht, muss sich noch zeigen. Denn die Saison ist noch jung, doch der Start war vielversprechend: zwei Spiele, zwei Siege. Ihren bisher einzigen deutschen Meistertitel gewannen die Münchner 1993. Die GFL sei international hoch angesehen, versichert Nurasyid, auch wenn sie sich mittlerweile starker Konkurrenz ausgesetzt sieht.
Denn mit der European League of Football (ELF) drängt eine neue Liga in den Vordergrund, die starke Spieler aus der GFL loseist und medial eine größere Aufmerksamkeit genießt. "Ich kann nicht absehen, wo das hinführt. Die ELF macht vieles gut, aber man muss abwarten, wie sich das entwickelt", sagt Nurasyid.
Persönlich strebt sie noch keine neuen Ziele oder Veränderungen an. Die Cowboys zu trainieren, sagt Nurasyid, sei bereits "ihr Traum" gewesen: "Jetzt konzentrieren wir uns auf die Saison - und schauen dann, was kommt."