Beim FC Schalke 04 herrscht nach drei Pleiten binnen zwölf Tagen erneut Unruhe. Die Kritik an Trainer Dimitrios Grammozis wird wieder lauter, noch halten die Verantwortlichen allerdings zum Deutsch-Griechen. Doch wie lange noch?
Seine Vorgänger hat Dimitrios Grammozis bereits überholt. Manuel Baum und Christian Gross durften den FC Schalke nur jeweils drei Monate lang trainieren, der aktuelle Coach ist seit acht Monaten im Amt. Ins Kreuzfeuer gerät der 43-Jährige dennoch immer wieder - trotz Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen in der 2. Bundesliga.
Der peinliche Pokal-K.o. beim Drittligisten 1860 München und die Last-Minute-Pleite beim 1. FC Heidenheim hatten die zuvor abgeflaute Debatte über Grammozis schon wieder verschärft, als ausgerechnet sein Ex-Klub Darmstadt 98 in Gelsenkirchen aufschlug und alles noch schlimmer machte.
Am Sonntag verloren konfuse Schalker trotz Führung mit 2:4 (1:2) gegen formstarke Lilien und verpassten durch die dritte Pflichtspiel-Niederlage in Folge die Rückkehr auf den dritten Platz.
Gerüchte um einen möglichen Trainerwechsel dementierte S04-Sportdirektor Rouven Schröder zunächst. "Nein. Wir werden zusammenstehen und nicht nervös", betonte der Funktionär bei "Sky", kündigte zugleich jedoch an: "Wir werden die Dinge beim Namen nennen. Wir haben die Qualität, Spiele zu gewinnen - wenn wir unsere Fehler abstellen."
Auch Grammozis gab sich kämpferisch. "Wir sind immer noch in einem Bereich, wo wir vor der Saison gesagt hätten: 'Das ist gut, wir sind dabei'", stellte der Übungsleiter klar.
Nichtsdestotrotz: Die Zweifel an Grammozis sind zurück - wegen seiner Personalentscheidungen, seiner Taktik und seiner allzu positiven Analysen.
Er nehme sich "vor allem die Kritik der Fans zu Herzen", sagte der Ex-Profi am vergangenen Freitag. Er wolle nicht so wirken, als ginge ihm "alles am Hintern vorbei": Aber es "bringt nichts, rumzuheulen. Schalke wolle natürlich "jedes Spiel gewinnen", es sei allerdings auch klar, dass man nicht "durch die Liga marschiert".
Tatsächlich schien Schalke noch vor wenigen Wochen in der Spur, vier Siege in Folge ließen die leidgeprüften Fans plötzlich vom Wiederaufstieg träumen. Anders als bei den Mitfavoriten um den Aufstieg zeigte der Trend nach oben - die Tabellenspitze geriet in Reichweite.
Doch Grammozis verzockte sich zunächst beim 0:1 in München, als er den besten Spielern eine Pause gönnte, die Schuld im Anschluss aber nicht auf seine Kappe nehmen wollte.
Beim schwachen Auftritt in Heidenheim ohne echte Torchance wechselte Grammozis vor dem späten 0:1 nur einmal - und redete dann die Leistung schön. Das gefiel offenbar auch Schröder nicht. "Wir müssen immer so kritisch miteinander bleiben, dass wir uns gegenseitig fordern", verdeutlichte der Sportdirektor.
Grammozis steht also wieder einmal unter Druck und besonderer Beobachtung - auch, weil Torjäger Simon Terodde plötzlich nicht mehr trifft: Seit fünf Begegnungen wartet der 33-Jährige mittlerweile auf ein Erfolgserlebnis.
Grammozis hatte erst Anfang März auf Schalke übernommen - als fünfter Trainer der Katastrophensaison, der den Abstieg auch nicht mehr verhindern konnte.
Mehrere Aufsichtsratsmitglieder äußerten anschließend Zweifel an einer Weiterbeschäftigung, Schröder fragte im Sommer sogar bei Steffen Baumgart nach, der aber zum 1. FC Köln wechselte.
Wie "Sky" kürzlich berichtete, wird auf Schalke intern "auf jeden Fall" weiter über Grammozis diskutiert. Die entscheidende Frage sei dabei, ob die Knappen überhaupt "Geld und Alternativen" hätten.
Ein Name, der immer wieder fällt, ist Domenico Tedesco. Der 36-Jährige genießt bei den Schalker Anhängern weiterhin große Sympathien und ist nach seinem letzten Engagement bei Spartak Moskau derzeit vereinslos. Finanziell dürfte eine Rückholaktion freilich kaum zu stemmen sein.
Als Alternative gilt der jüngst in Norwich entlassene Ex-BVB-Nachwuchstrainer Daniel Farke.
Noch ist Grammozis allerdings nicht weg - und steht nach eher leichten Gegnern in den vergangenen Wochen mit S04 jetzt vor echten Prüfsteinen: Nach der Länderspielpause sind Werder Bremen, Spitzenreiter FC St. Pauli, der 1. FC Nürnberg und der HSV die Kontrahenten.
Dann könnte sich schon entscheiden, ob Schalke wirklich eine Chance auf die schnelle Bundesliga-Rückkehr hat - und Grammozis eine Zukunft in Gelsenkirchen.
Hoffnung macht immerhin, dass die königsblaue Kabine laut "Bild" noch hinter dem Coach stehen soll. Die Profis schätzen demnach den engen Austausch mit dem Deutsch-Griechen, der sich beispielsweise gemeinsam mit den Führungsspielern über die Trainingszeiten berät.
Sollte Grammozis jedoch auch die Unterstützung seiner Mannschaft verlieren, dürften seine Tage auf Schalke endgültig gezählt sein.
Heiko Lütkehus (mit "AFP"-Material)