Naomi Osaka spricht zumeist leise, sie flüstert fast. In Medienbereich des Ariake Tennis Parks waren die Einschätzungen der japanischen Starspielerin, die mit dem Entzünden des Olympischen Feuers endgültig zu Weltruhm gelangte, jedoch nicht zu überhören. Sie dröhnten aus Lautsprechern. Damit sie auch wirklich jeder mitbekommt.
Den ersten Schritt ihrer Mission Gold hatte Osaka am Sonntag im Eiltempo erledigt, da brauchte die 23-Jährige doch noch ganz viel Geduld. Der Andrang der TV-Stationen und Journalisten war riesengroß, alle wollten mitbekommen, wie Osaka ihre außergewöhnlichen Tage verarbeitet.
Erst die große Ehre bei der Eröffnungsfeier, dann ihr Comeback nach knapp zweimonatiger Abwesenheit wegen Depressionen - Osaka hatte viel einzuordnen. "Ich habe das Gefühl, dass die Pause sehr nötig war. Ich fühle mich definitiv wieder ein bisschen frischer und glücklich", sagte die schüchterne Athletin nach ihrem 6:1, 6:4-Sieg gegen Zheng Saisai.
Spätestens seit ihrem Auftritt als Schlussläuferin des olympischen Fackellaufs ist die viermalige Grand-Slam-Siegerin eines der prägenden Gesichter der Spiele in Tokio. Ihr Weg zur inneren Ruhe war in den vergangenen Jahren steinig und beschwerlich, doch die letzten Stufen hinauf zur gigantischen Flammenschale des Olympiastadions nahm sie mit Leichtigkeit.
Am darauffolgenden Morgen zierte Osakas Foto mit der Fackel in der Hand viele Titelseiten der japanischen Zeitungen. "Man träumt davon, einmal in dieser Position zu sein. Aber nur sehr wenige Menschen haben die Möglichkeit, das zu tun", sagte sie am Sonntag: "Als sie mich gefragt haben, ob ich das machen will, war ich sehr überrascht. Ich bin einfach glücklich, hier zu sein."
Barty scheitert sensationell
Wochenlang hatte sich die Titelträgerin der Australian Open und der US Open zuvor aus dem Zirkus rausgehalten. Ihr Erstrundenmatch bei den French Open war ihre letzte Partie, danach zog sie sich zurück, ließ Wimbledon aus. Erholte sich, körperlich und mental. Nun kehrte sie mit dem größtmöglichen Glamourfaktor zurück.
Auch sportlich überzeugte Osaka, der man die fehlende Spielpraxis kaum anmerkte. Und sie registrierte, dass in der australischen Weltranglistenersten Ashleigh Barty ihre vermeintlich größte Konkurrentin direkt scheiterte. Die frischgebackene Wimbledonsiegerin verlor bei ihrer ersten Olympia-Teilnahme 4:6, 3:6 gegen die Spanierin Sara Sorribes Tormo. "Es war einfach nicht mein Tag", sagte Barty, "ich habe mich da draußen nie richtig wohlgefühlt."
Und auch Laura Siegemund, höchsteingeschätzte deutsche Spielerin, schied trotz großen Kampfes nach 3:06 Stunden mit 3:6, 7:5, 4:6 gegen die favorisierte Ukrainerin Elina Switolina aus.