Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke glaubt weiter daran, dass Borussia Dortmund den FC Bayern eines Tages wieder vom Meister-Thron in der Fußball-Bundesliga stoßen kann.
"Den Versuch unternehmen wir ja schon länger – auch nicht so aussichtslos, wie es immer dargestellt wird. Vor zwei Jahren waren wir nur zwei Punkte hinter Platz 1, nach sechs Punkten Vorsprung im Winter hat es dann natürlich trotzdem sehr wehgetan", sagte Watzke in einem Doppel-Interview mit RB Leipzigs Klub-Chef Oliver Mintzlaff der "Sport Bild".
Die Sachsen, ärgster Konkurrent des BVB im Kampf um den Nummer-zwei-Status im deutschen Fußball, warnte Watzke: "Wenn man die sportliche Leipziger Entwicklung mit unserer aus den Jahren 2009 und 2010 vergleicht – als wir der Sonne binnen kürzester Zeit immer näher kamen – , kann man prognostizieren, dass auch bei Rasenballsport nun die Begehrlichkeiten größer werden, die absoluten Top-Klubs dieser Welt aufschlagen und Leipzig das Leben schwer machen."
Watzke verwies in diesem Zusammenhang auf die Wechsel von Abwehrchef Dayot Upamecano und Erfolgstrainer Julian Nagelsmann zum FC Bayern. "Irgendwann werden vielleicht auch die anderen Spieler nicht mehr die ganz große Geduld haben, sich als Team gemeinsam zu entwickeln – so war es bei uns nach zwei Meisterschaften und dem Double im Jahr 2012. Wenn wir da zusammengeblieben wären, hätte ich gern mal gesehen, was wir noch alles erreicht hätten, aber diese Geduld haben viele Spieler heute oft nicht mehr – und ihre Berater noch viel weniger. Diesen Weg wird Leipzig jetzt bestehen müssen, und der ist steiniger als der an die Spitze", so der BVB-Boss.
Watzke, der in der Vergangenheit mehrfach mit kritischen Aussagen zum Konstrukt RB aufgefallen war, sagte: "Ideologische Grabenkämpfe liegen hinter uns. Fakt ist aber auch: Jeder muss seine Position vertreten. Wir sind ein Verein, der ein möglichst hohes Maß an Unabhängigkeit haben möchte. In Wolfsburg oder Leipzig ist das anders, da hat man VW oder Red Bull im Rücken." Das sei "gerade in Corona-Zeiten ein großer Vorteil". Red Bull habe RB Leipzig "im Wesentlichen unter Marketing-Gesichtspunkten gegründet", das sei jedoch "nichts Ehrenrühriges".
Für ihn sei ohnehin "stets entscheidend, wie ein Klub seine sportlichen Aufgaben löst, und was das angeht, muss ich sagen: Die Leipziger Verantwortlichen sind mir nie dadurch aufgefallen, dass sie besonders auf den Putz gehauen hätten. Sie haben sportlich ein sehr gutes Konzept", so Watzke, der Mintzlaff einen "großartigen Job" bescheinigte und von einem freundschaftlichen Verhältnis zum RB-Chef sprach.
Watzke erneuerte die Ansage, dass Torjäger Erling Haaland auch in der kommenden Saison beim BVB spielen werde. "Über alles andere mache ich mir keine Gedanken", sagte der 61 Jahre alte Unternehmer. Es gebe vonseiten der Borussia "keine Bedingungen" für einen möglichen Transfer des 20-jährigen Norwegers. Es sei jedoch klar, "dass uns Erling irgendwann mal verlassen wird – nur eben noch nicht so schnell".
Watzke bezog auch Stellung zur viel diskutierten Europa-Reise von Haalands Berater Mino Raiola. "Du musst bei Mino Raiola eben wissen, dass bei ihm immer der letzte Flughafen, auf dem die Maschine landet, entscheidend ist – und nicht eine Zwischenstation."
Der italienische Star-Agent habe den BVB vorab über seine Tour zu mehreren Top-Klubs in Spanien, England und Italien informiert.
"Natürlich kann man dann öffentlich Pingpong spielen und sich jeden zweiten Tag gegenseitig beschimpfen – aber wir wissen das alles sehr gut einzuschätzen, haben ein belastbares Verhältnis, alle Argumente ausgetauscht und eine klare Vertragssituation", sagte Watzke. "Ich finde es teilweise bigott, dass gefeiert wird, wenn sich Erling Haaland im Anschluss an Flüge nach Leipzig, Manchester und Dortmund für uns entscheidet, und es dann als Ungeheuerlichkeit empfindet, wenn Raiola in seiner Eigenschaft als Berater auch mal andere Städte anfliegt."
Die Weltrekord-Ablöse in Höhe von angeblich 25 Millionen Euro, die der FC Bayern für Nagelsmann zahlte, kommentierte Watzke zurückhaltend: "Jeder sagt ja: Der wichtigste Angestellte im Verein ist immer der jeweilige Trainer. Wenn man auf dieser Annahme basierend sieht, was Spieler kosten, kann man für Trainer natürlich ähnliche Summen verlangen. Da hat Oliver gut verhandelt."
Ein Wechsel Nagelsmanns zum BVB hätte laut Watzke "vor einigen Jahren hätte das sicher ein Thema sein können". Man habe zuletzt aber spüre können, dass ein Engagement in München Nagelsmanns "Lebenstraum" gewesen sei, so der Klub-Chef der Schwarz-Gelben.
Zudem habe sich die Borussia bewusst für Marco Rose als "beste Lösung für uns" entschieden - auch auf Anraten der Dortmunder Trainer-Ikone Jürgen Klopp, die Rose aus gemeinsamen Mainzer Zeiten kennt. "Jürgen hat uns versichert, dass Marco fachlich und menschlich großartig ist", sagte Watzke.