RB Leipzig steckt vor dem Bundesliga-Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund am Samstag (ab 18:30 Uhr im Liveticker) in der Krise. Erst zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte verlor der Vizemeister drei Pflichtspiele in Folge. sport.de analysiert die Situation und nennt fünf Gründe für die Leipziger Schwächephase.
1. Hasenhüttl sorgt für Unruhe
In der vergangenen Spielzeit war Trainer Ralph Hasenhüttl über jeden Zweifel erhaben, führte RB zur Vizemeisterschaft und avancierte zum Kandidaten für die ganz großen Klubs. Doch die Lobeshymnen für den Österreicher sind zuletzt leiser geworden.
Beim blamablen 1:2 gegen den 1. FC Köln sorgte der Coach mit seiner ultra-offensiven Marschroute für Überraschung bei den Experten - und womöglich auch für Verwirrung im eigenen Team.
Trotz einer 1:0-Führung setzte Hasenhüttl im zweiten Durchgang weiter auf Angriffsfußball. Nach der Partie wurden Vorwürfe laut, der 50-Jährige habe das Heimspiel gegen den Tabellenletzten vercoacht.
Zudem sorgt die ungeklärte Zukunft Hasenhüttls für Unruhe. Der Vertrag des ehemaligen Ingolstadt-Trainers läuft noch bis 2019, eine Verlängerung ist seit Monaten in der Schwebe. Zuletzt vermeldete der "kicker", Sportdirektor Ralf Rangnick werde ohne neues Arbeitspapier nicht mit dem Erfolgscoach in die kommende Spielzeit gehen.
2. Doppelbelastung zehrt an den Kräften
Trotz des auf dem Papier auch in der Breite gut besetzten Kaders, macht den Leipzigern die Doppelbelastung durch den Europapokal schwer zu schaffen. Gegen Köln gingen die RB-Profis nicht zum ersten Mal körperlich "auf dem Zahnfleisch", wie Hasenhüttl nach der Partie zugab.
Dass die Roten Bullen zuvor im Europa-League-Sechzehntelfinale gegen Italiens Tabellenführer SSC Neapel fast noch einen 3:1-Vorsprung aus dem Hinspiel vergeigten, dürfte ebenfalls zur durchwachsenen Leistung gegen Köln beigetragen haben.
Fakt ist: Weder die (überwiegend sehr jungen) Spieler von RB noch der Trainer verfügen über ausreichend Erfahrung, wie der Tanz auf mehreren Hochzeiten zu bewältigen ist.
3. Zahlreiche Leistungsträger im Formtief
Bei der Analyse der Leipziger Schwächephase kommt man am Formtief zahlreicher Leistungsträger nicht vorbei.
- Naby Keita kann in der letzten Spielzeit für Leipzig vor dem Wechsel zum FC Liverpool nur noch sporadisch an die Glanz-Leistungen der Vorsaison anknüpfen. Dass der Guineer trotzdem immer spielt, wenn er halbwegs fit ist, sorgt angeblich bei den Teamkollegen für böses Blut.
- Emil Forsberg findet nach langer Verletzungspause ebenfalls noch nicht wieder zur besten Verfassung. In der vergangenen Saison zählte der Schwede mit acht Toren und 21 (!) Assists zu den Top-Scorern der Liga. Aktuell steht er nach 14 Einsätzen beim einem Treffer und zwei Vorlagen.
- Mittelstürmer Timo Werner leidet unter den schwachen Leistungen von Nebenleuten wie Keita und Forsberg. In der Hinrunde gelangen dem Shooting-Star immerhin noch acht Treffer, seit Jahresbeginn nur noch zwei. Seine öffentlich zur Schau gestellte Unzufriedenheit ob der Misere brachte Werner nach "Bild"-Informationen einen Rüffel der Klub-Führung ein.
- Marcel Sabitzer gehörte bis in den Spätherbst hinein zu den absoluten Stützen bei RB. Dann jedoch kamen Gerüchte über eine anstehende Vertragsverlängerung auf - und die Formkurve des Österreichers zeigte prompt nach unten. Dem Vernehmen nach zögert der Mittelfeldakteur mit seinem Bekenntnis zu Leipzig, weil er die sportliche Entwicklung abwarten will.
4. Führungen werden leicht hergeschenkt
Bereits siebenmal in 24 Bundesligaspielen der laufenden Saison verspielte RB Leipzig eine Führung. Dreimal verloren die Sachsen trotz des vermeintlich erlösenden 1:0 noch (wie gegen Köln und davor in Frankfurt), viermal spielten sie Remis. In drei der sieben Duelle gelang RB zwar noch das 2:1, ein Sieg aber nicht.
"Wir standen viermal allein vor dem Torwart und treffen nicht. Wir haben den Gegner durch unsere eigenen Fehler am Leben gelassen", klagte Mittelfeldspieler Kevin Kampl nach dem Köln-Spiel. In der zweiten Halbzeit sei es gewesen, "wie wenn einem der Stecker gezogen wird", sagte Hasenhüttl.
Der Absturz auf Tabellenplatz sechs nach insgesamt schon acht Saisonniederlagen bereitet vor allem angesichts des schweren Restprogramms Sorgen: Leipzig muss nach dem Duell mit dem BVB unter anderem noch gegen Bayern München, Bayer Leverkusen, 1899 Hoffenheim und Hannover 96 ran.
5. Keine Euphorie mehr im Umfeld
In und rund um Leipzig wurde durch den Bundesliga-Aufstieg von RB ein wahrer Fußball-Boom ausgelöst. Mehr als 41.000 Zuschauer sahen 2016/2017 durchschnittlich die Spiele in der Red Bull Arena.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Der Publikumszuspruch nimmt immer mehr ab, gegen Köln fanden nur 31.793 Zuschauer den Weg ins Leipziger Stadion - so wenige wie seit dem vorletzten Zweitliga-Heimspiel 2016 gegen den SV Sandhausen nicht mehr.
Nach der bitteren Heimpleite gegen die Domstädter schallten "Wir woll'n euch kämpfen seh'n"-Rufe aus der Kurve. Auch der Ton in Internetforen und Sozialen Netzwerken wird zunehmend rauer. RB stehe "am Scheideweg", schrieb das Portal "rb-fans.de" in seinem Nachbericht vom Köln-Spiel.
Tobias Knoop



























