Obwohl sich RB Leipzig und Borussia Dortmund sportlich noch nicht messen konnten, scheinen sich beide Vereine nicht gerade lieb zu haben. Ein Blick auf die Hintergünde verrät, warum das so ist.
Vielen Fans ist der Aufstieg von RB Leipzig ein Dorn im Auge. Besonders die Anhänger von Borussia Dortmund stellten sich in letzter Zeit öffentlich gegen den Neu-Bundesligisten. Das Fanbündnis "Südtribüne Dortmund" bleibt deshalb am Samstag dem Duell zwischen Leipzig und dem BVB fern.
Für Rasenballsport Leipzig wird der nächste Samstag ganz gewiss in die junge Vereinshistorie eingehen, denn um 18:30 Uhr steht gegen Borussia Dortmund das erste Bundesligaheimspiel der "Brausebullen" an. Auch wenn sich die beiden Profimannschaften der Vereine sportlich noch nie messen konnten, sorgt das Duell schon jetzt für Brisanz.
Vor dem Radio statt im Block
Das Fanbündnis "Südtribüne Dortmund" entschied sich gemeinsam mit anderen Fanklubs dazu, dem Spiel in Leipzig fernzubleiben. "Das Konstrukt des Aufsteigers aus Leipzig steht gegen alles, was wir mit Fußball verbinden. Es ist ein Skandal, dass eine rein kommerzielle Marketingaußenstelle eines österreichischen Getränkeherstellers tatsächlich in Deutschlands höchster Spielklasse antreten darf. Dies widerspricht allen sportlichen und emotionalen Werten", begründete das Bündnis in einem offenen Schreiben den Boykott.
Statt ihren Verein in der Bundesliga zu unterstützen, wollen die organisierten Fans gemeinsam das Regionalliga-Spiel der zweiten Mannschaft gegen den Wuppertaler SV im Stadion Rote Erde besuchen. Im Anschluss soll das Spiel der Profis am Radio verfolgt werden, um die traditionellen Werte des Fußballs zu betonen.
Gescheiterter Protest?
Auch wenn das Bündnis nicht zum Gastspiel der Borussen in Leipzig erscheint, wird der Gästeblock nicht leer bleiben. Nach 22 Minuten waren alle 4300 BVB-Karten für das Spiel verkauft. Die Sportzeitschrift "Reviersport" erklärte den Protest der Dortmunder Fans dementsprechend für gescheitert: "Man muss feststellen: Die Protestler stehen, so laut und medienwirksam ihr Getöse auch gewesen sein mag, mit ihrer Meinung ziemlich alleine da."
Das Fanzine "schwatzgelb.de" reagierte mit einem Text relativierend auf diese Behauptung: "Das Bündnis Südtribüne Dortmund mit seinen rund 60 angeschlossenen Fanclubs hat nicht zu einem Boykott aufgerufen. Zu keinem Zeitpunkt gab es Aufforderungen an andere BVB-Fans, keine Tickets für das Spiel in Leipzig zu kaufen. [...] Auch den Organisatoren des Protest war klar: Einen leeren Gästeblock wird es in Leipzig nicht geben. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Neben dem Südtribüne-Bündnis gibt es noch etwa rund 700 weitere BVB-Fanklubs."
Die Tatsache, dass die Schwarzgelben viele Anhänger im Osten Deutschlands besitzen, sei ein Grund für den zügigen Kartenverkauf: "Genauso verständlich ist es, wenn der geneigte BVB-Fan aus Bautzen endlich mal weniger als vier Stunden für ein BVB-Bundesliga-Spiel im Auto sitzen möchte."
Schal-Streit und Sticheleien
Zwischen den Leipziger und Dortmunder Chefetagen gestaltet sich das Verhältnis ebenfalls schwer. RB wollte anlässlich des Spiels einen Begegnungsschal mit dem Logo des BVB verkaufen, doch die Dortmunder untersagtem dem Ostklub die Nutzung von Vereinsnamen und Logo: "Der BVB hatte an einem solchen Schal kein Interesse und hat somit auch nicht die Genehmigung für die Produktion eines solchen Schals erteilt", gaben die Westfalen bekannt.
Dessen Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte sich schon mehrfach kritisch gegenüber dem sächsischen Verein geäußert: "Ich persönlich freue mich für die Menschen im Osten, dass es dort wieder einen Bundesligisten gibt. Auch wenn man sich sicher wünschen würde, dass bei RB einige Dinge anders laufen. Dieser Klub ist nicht meine Lieblingskonstruktion und wird auch nie meine Lieblingskonstruktion werden", erklärte er gegenüber "Sport Bild".
Den Vorwurf der puren Kommerzialisierung erachtet RB-Boss Oliver Mintzlaff auch für den BVB als zutreffend: "Ein wenig neidisch bin ich schon, wenn ich mir die neuen kommerziellen Ziele vom börsennotierten BVB anschaue. Sie peilen 400 Millionen Euro Umsatz an – diese Zahlen hätte ich auch gerne für unseren Verein."
Die Fakten: Konzern-Geld und Jugendarbeit
Davon abgesehen ist der Unmut vieler Fans durchaus verständlich: Auf Initiative des Getränkeherstellers Red Bull wurde RB Leipzig im Jahr 2009 gegründet und übernahm zur Spielzeit 2009/10 den Startplatz von SSV Markranstädt in der Oberliga Nordost. Mithilfe des Geldes vom Konzern Red Bull, der aktuell 99 Prozent des Stammkapitals stellt, wurden namhafte Spieler verpflichtet und der schnelle Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse möglich gemacht. Auch Tauschgeschäfte mit Red Bull Salzburg wurden kritisch beäugt.
Auf der anderen Seite investieren die Roten Bullen viel Geld in die Jugendarbeit, um neben teuren Transfers auch eigene Spieler an die Profimannschaft heranzuführen.
Vielen Fans wird es recht sein, wenn neben dem Protest und den Sticheleien zwischen den Klubbossen am Samstag Abend Fußball gespielt wird. So können beide Vereine den Clinch, ganz im Sinne von Adi Preißlers bekannten Zitat "entscheidend is auf'm Platz", auf dem Rasen austragen.
Lionard Tampier