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Box-Experte Bönte analysiert Mega-Fight

Das "große Fragezeichen" bei Usyk gegen Dubois

Oleksandr Usyk (r.) oder Daniel Dubois: Wer ist er unumstrittene Schwergewichts-König?
Oleksandr Usyk (r.) oder Daniel Dubois: Wer ist er unumstrittene Schwergewichts-König?
Foto: © IMAGO/Foto Olimpik
16. Juli 2025, 10:31

Die Boxwelt blickt gebannt nach London, wo am Samstagabend im Wembley-Stadion (LIVE via DAZN Pay per View) WBA/WBC/WBO-Champion Oleksandr Usyk aus der Ukraine und IBF-Titelträger Daniel Dubois aus England ausmachen, wer der unumstrittene Schwergewichts-Weltmeister ist. Dubois giert nach Revanche für eine Niederlage vor zwei Jahren und will Usyks Herrschaft in der Königsklasse beenden, der britische Fußball-Tempel dürfte mit 90.000 Zuschauern ausverkauft sein.

Im Interview mit sport.de analysiert Box-Manager Bernd Bönte das Duell und erläutert, warum die Anfangsphase des Kampfes entscheidend sein wird.

Der DAZN-Experte sieht Usyk als Favorit, setzt aber auch ein Fragezeichen hinter dem Ausnahmekönner. Außerdem nennt Bönte sein "Wunsch-Szenario" für Deutschlands Schwergewichts-Hoffnung Agit Kabayel und verrät, was er dem "Leberking" aus dem Pott raten würde.

90.000 Zuschauer werden am Samstagabend ins Wembley-Stadion pilgern, um zu sehen, ob Oleksandr Usyk oder Daniel Dubois der unumstrittene Meister aller Box-Klassen ist. Sie waren 2017 als Manager von Wladimir Klitschko beim Kampf gegen Anthony Joshua an gleicher Stelle vor Ort. Was ist das für eine Atmosphäre, wenn in diesem riesigen Fußball-Stadion eine Weltmeisterschaft im Schwergewicht über die Bühne geht?

Bönte: Das Wembley-Stadion ist der große Tempel der Engländer für ihre Finalspiele im Fußball, mittlerweile aber auch ein Schauplatz für große Boxkämpfe. Mein erstes Erlebnis dort war der Kampf von Frank Bruno gegen Oliver McCall, den habe ich 1995 mit Ralf Rocchigiani kommentiert. Bruno wurde damals im alten Wembley-Stadion WBC-Weltmeister, das war für die Engländer gigantisch.

Im neuen Wembley-Stadion war ich natürlich mit Wladimir Klitschko gegen Anthony Joshua. Das war ein sensationelles Gefühl vor fast 100.000 Zuschauern. Allein der Weg zum Ring dauert eine gefühlte Ewigkeit. Jetzt der Local Boy Daniel Dubois gegen den Ukrainer Usyk – das wird eine Wahnsinns-Stimmung sein, gar keine Frage.

Ein anderes schönes Fußballstadion steht in Breslau. Dort saßen Sie vor zwei Jahren ebenfalls am Ring, als Oleksandr Usyk den ersten Kampf gegen Daniel Dubois gewann. Beginnen wir mit der umstrittenen Szene als Dubois Usyk mit einem Haken zum Körper in Runde fünf zu Boden schickte und der Gretchenfrage: War es ein Tiefschlag oder nicht?

Ja, es war definitiv ein Tiefschlag. Die Regel ist eindeutig: Wenn der größte Teil der Faust unterhalb der Gürtellinie ist, ist es ein Tiefschlag. Am Ring konnte man das in dieser Hundertstelsekunde nicht sofort erkennen, aber ich habe natürlich die Super-Slow-Mo angeschaut und auch die Fotos sind ja eindeutig.

Fakt ist auch: Hätte Ringrichter Luis Pabon nicht sofort auf Tiefschlag entschieden, hätte Usyk garantiert weitergeboxt. Er hat sich dann aber, weil der Ringrichter so entschieden hat und ihm Zeit gegeben hat, um sich zu erholen, diese Zeit auch genommen. Sonst hätte ihn der Referee vielleicht angezählt, aber der Kampf wäre sicher nicht vorbei gewesen. Es war nicht etwa ein schwerer Leberhaken, das wäre regulär gewesen, sondern eben ein irregulärer Tiefschlag.

Trotz "TV-Beweis" gibt es gerade in England noch immer viele – auch Experten – die sagen, der Schlag sei legal gewesen. Für die Promoter und Manager ist die Kontroverse das Narrativ, um jetzt den Revanchekampf anzuheizen und zu verkaufen …

Vielleicht ist es ein bisschen so wie mit dem legendären Wembley-Tor, wenn wir schon in Wembley sind (lacht). Die einen sagen, er war drin und die anderen sagen, er war klar auf der Linie oder davor. Die Bilder zeigen mittlerweile ja auch das Gegenteil der Schiedsrichter-Entscheidung. Trotzdem werden die Engländer wahrscheinlich nie sagen, es war ein irregulärer Treffer. Fakt ist: es war ein Tiefschlag. Dass Dubois und sein Promoter Frank Warren das anders sehen, ist nachvollziehbar – denn es gibt Dubois einen Extra-Push, indem er sagt, dass das die Taktik ist, mit der er in den Kampf gehen muss.

Oleksandr Usyk ging 2023 nach einem Tiefschlag von Daniel Dubois auf die Bretter
Oleksandr Usyk ging 2023 nach einem Tiefschlag von Daniel Dubois auf die Bretter

Sie sprechen von einem Kampfplan, der auf Körpertreffer abzielt?

Wenn Usyk neben seinem Alter – er ist 38 und elf Jahre älter, hat also bereits viel Substanz gelassen – eine Schwäche hat, dann ist es eine Problematik bei Körpertreffern. Da ist er empfindlich, das hat er als Amateur schon gezeigt, als er gegen einen Topmann wie Artur Beterbiev am Boden war. Man sieht das in vielen Kämpfen. Andererseits war er als Profi auch nach harten Treffern zum Körper, vor allem von Anthony Joshua und Tyson Fury, noch nie am Boden. Dennoch ist das aus Dubois' Sicht sicher eine Methode, um Usyk zu schlagen.

Daniel Dubois "surft auf einer Welle" in den Ring 

Oleksandr Usyk gilt als mental äußerst stark. Glauben Sie, dass ihn Dubois und Co. mit dieser Tiefschlag-Kontroverse und dem Herumreiten auf der Szene unter die Haut gehen?

Ganz sicher nicht! Ganz, ganz sicher nicht! Ich kenne Oleksandr Usyk auch persönlich, er war ja in vielen Trainingscamps der Klitschkos dabei. Der ist unglaublich cool und in sich gefestigt. Selbst jemand, der das Ballyhoo und die Psychospielchen perfekt beherrscht, wie Tyson Fury, hat auf dem Gebiet gegen ihn keine Chance. Das geht an ihm vorbei. Im Gegenteil: Usyk ist eher jemand, der weiß, welche Register man ziehen muss, um den Gegner aus der Reserve zu locken und zu provozieren. Bei der Frage, bei wem ein Kopfkino losgeht, ist Dubois eher gefährdet.

Und der Heimvorteil von Dubois vor 90.000 Landsleuten in London – ist das nicht ein ziemlicher Nachteil für den Ukrainer?

Usyk macht es nichts aus, dass er auf Gegners Platz aktiv ist. Er hat in London gegen Joshua gewonnen, im Cruisergewicht gegen Mairis Briedis in Riga, und 2018, vier Jahre nach der Annexion der Krim, den Russen Murat Gassiev in Moskau komplett dominiert. Usyk hat alle seine großen Kämpfe außerhalb der Ukraine bestritten, ist dort Weltmeister geworden und hat WM-Titel verteidigt. Der ist da vollkommen entspannt, was das betrifft.

Für mich ist aber sowieso eine ganz andere Thematik interessant und nicht die Tiefschlag-Nummer oder das Stadion …

Sondern?

… was seit diesem ersten Duell geschehen ist. Da ist aufseiten von Usyk und Dubois nämlich viel passiert. Usyk hat zweimal gegen Fury geboxt, war als deutlich kleinerer Mann nicht der Favorit und hat sensationell performt. Er hat Fury zweimal klar ausgeboxt.

Dubois hat auf der anderen Seite in drei Kämpfen großartige Vorstellungen geboten. Man dachte ja schon, dass er nach der Usyk-Niederlage vielleicht nicht mehr die Kurve bekommt und zum Journeyman wird. Aber er hat gegen Jarrell Miller gewonnen, bis dato ungeschlagen, er hat gegen Filip Hrgovic gewonnen, bis dato ungeschlagen, und dann natürlich gegen Joshua. Alle drei wirklich gute Namen im Schwergewicht und er hat sie ausgeknockt. Das zeigt, auf was für einer Welle Dubois surft und mit welchem Selbstvertrauen er in diesen Kampf geht.

Daniel Dubois haute Superstar Anthony Joshua vergangenen Herbst spektakulär um
Daniel Dubois haute Superstar Anthony Joshua vergangenen Herbst spektakulär um

Was hat Dubois seit 2023 verbessert, wo hat er sich entwickelt? Er ist schließlich keineswegs ein krasser Außenseiter am Samstag …

Nein, das ist er definitiv nicht. Das sieht man an den Wettquoten, die alle so um 3:1 liegen, egal, welchen Wettanbieter man sich anschaut. Der Hauptpunkt ist für mich sein Trainerwechsel zu Don Charles. Er hat drei Monate vor dem ersten Kampf gegen Usyk den Trainer gewechselt, ist seitdem bei dem sehr erfahrenen Charles – einem exzellenten Experten.

Charles hat vor allem im mentalen Bereich die richtigen Schlüsse gezogen, Dubois vertraut ihm zu 100 Prozent. Auch Dubois' Vater, der sehr viel zu sagen hat, vertraut ihm komplett. Das hat sehr viel verändert. Die Zeit vor dem ersten Kampf war noch zu knapp für gravierende Veränderungen, aber danach haben sie an der Beinarbeit gearbeitet, der Jab ist exzellent geworden, die Rechte kommt häufiger und viel präziser.

Dubois arbeitet jetzt viel effektiver. Und ganz entscheidend: seine Defensivarbeit ist besser geworden, er ist beweglicher mit Kopf und Oberkörper. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass keiner der genannten Gegner von Dubois die Klasse Usyks hatte. Das ist eine ganz andere Qualität.

Sie sprechen den Jab von Dubois an, haben viele Jahre die vorschlaghammerartige Linke von Wladimir Klitschko gesehen. Ist die Führhand sogar Dubois‘ stärkste Waffe?

Seine Rechte ist natürlich die Hand, in der er diesen One-Punch-Knockout hat. Aber die exzellente Vorbereitung ist dieser knallharte, messerscharfe Jab – das ist der Schlüssel. Am Samstag ist der Schlüssel für Dubois, diesen Jab knallhart und ununterbrochen zu bringen. Und klar ist: Ab dem ersten Gong muss er voll nach vorne marschieren.

Dubois muss Risiko gehen. Er weiß, dass Usyk ein exzellenter Konterboxer ist. Wenn es Dubois in den ersten sechs, sieben Runden nicht schafft, Usyk zu dominieren, bestenfalls auszuknocken, wird er den Kampf hinten raus verlieren. Usyk wird in der zweiten Hälfte immer besser, dominiert dann seine Kämpfe. Der kennt jeden Schritt, den er setzt. Ich hatte es in einem Kommentar für DAZN schon gesagt: Usyk fühlt sich im Ring wie ein Fisch im Wasser. Deswegen muss Dubois von Beginn an volles Risiko gehen.

"Usyks Führhand macht unglaubliche Sachen"

Jetzt sind wir schon bei möglichen Szenarien: Wie muss umgekehrt Usyk agieren, um das Auswärtsspiel gegen den jungen, hungrigen Dubois zu gewinnen?

Es gibt den schönen Begriff speed is power. Das charakterisiert Usyks Stil. Sein großes Vorbild war immer Muhammad Ali, daher hat er auf seiner Teamkleidung auch überall eine Biene als Wappen – schweben wie ein Schmetterling, stechen wie eine Biene. Usyk hat eine unglaublich gute Beinarbeit, kann aus verschiedensten Winkeln schlagen. Und man darf nicht vergessen, er ist eben Rechtsausleger. Dubois hat bisher nicht unbedingt gezeigt, dass er mit Rechtauslegern problemlos zurechtkommt. Gegen Kevin Lerena, auch Rechtsausleger, ist er 2022 in der ersten Runde dreimal auf dem Boden gesessen, bevor er später noch vorzeitig gewonnen hat. Es ist schwer gegen Rechtsausleger zu boxen.

Bernd Bönte, hier mit seinem Schützling Vikor Jurk (deutscher Schwergewichts-Meister) managte viele Jahre die Klitschko-Brüder
Bernd Bönte, hier mit seinem Schützling Vikor Jurk (deutscher Schwergewichts-Meister) managte viele Jahre die Klitschko-Brüder

Was macht Usyk im Ring so besonders und zu einem kaum knackbaren Gegner?

Es ist sehr schwer, gegen Usyk so zu agieren, dass man ihn ununterbrochen unter Druck setzt. Usyk – und da kommt sein Jab ins Spiel – kontrolliert mit seiner Führhand das Geschehen. Und das ganz anders als Dubois, der diesen harten, geraden Jab schlägt. Usyk lässt seine Rechte ständig kreisen, mal oben, mal unten, er fintiert und blockiert damit Schläge des Gegners.

Seine Führhand macht unglaubliche Sachen, die kein anderer kann. Usyk boxt auf verschiedenen Ebenen, fintiert permanent, bringt den Gegner aus dem Rhythmus. Das ist sein großer Vorteil: diese Schnelligkeit, die Beweglichkeit, die verschiedenen Winkel, er arbeitet ja auch ständig mit Sidesteps. Er ist einfach jemand mit einer exzellenten Beinarbeit und einer immensen Erfahrung. Usyk hat 350 Amateurkämpfe, Dubois 75 – mehr muss ich nicht sagen.

Ihr Schützling Peter Kadiru war acht Wochen als Sparringspartner im Trainingslager von Usyk. Was hat er berichtet?

Er hat gesagt, dass es unglaublich ist, wie schnell dieser Mann ist und wie schnell seine Kombinationen kommen. Sich darauf einzustellen ist extrem schwer – gerade über einen langen Kampf.

Die Fans und Zuschauer achten natürlich immer auf die Fäuste. In Ihren Kommentaren für DAZN weisen Sie aber immer auch auf die Füße hin. Auf was müssen die Zuschauer achten?

Bei einem Kampf Normal- gegen Rechtsausleger muss man immer versuchen, die Außenpositionen zu besetzen. Die beiden sind durch ihre gegensätzliche Auslage ja Fuß an Fuß, treten sich dann auch häufig auf die Füße. Usyk schafft es immer wieder, mit seinem rechten Fuß die Außenposition einzunehmen, denn von da ist er erstens schlechter zu treffen und hat zweitens die Möglichkeit, seine Linke einzusetzen. Genau das passiert immer wieder, weil er natürlich auch viel schneller ist als seine Gegner. Er hat es geschafft, seine Geschwindigkeit aus dem Cruiser- ins Schwergewicht mitzunehmen, was nicht viele schaffen.

Setzten Sie doch bitte schon einmal das Kommentatoren-Headset auf und stellen sich vor, es ist Samstag. Was für einen Kampf sehen Sie in Wembley?

Ich glaube, es wird ein extrem spannender Kampf, von der ersten Sekunde an. Dubois wird sofort Druck machen, marschieren und versuchen, Usyk auszuknocken. Usyk wird anfangs viel unterwegs sein, wird versuchen, die Größe des Rings auszunutzen. Und dann muss man eben sehen, was ab Runde fünf, sechs passiert. Ich glaube nicht, dass Dubois es schafft den Kampf bis dahin vorzeitig zu beenden, da Usyk wie gesagt, noch nie am Boden war und die Schläge auch kommen sieht.

Ein großes Fragezeichen ist allerdings das Alter: Elf Jahre Altersunterschied. Hinzu kommt: Usyk hatte viele extrem schwere Kämpfe, die Substanz gekostet haben. In den jeweils beiden Kämpfen gegen Joshua und Fury hat er viele Körner gelassen. Man hat auch gesehen, wie er speziell nach den Fury-Kämpfen aussah, wie kaputt er war. Ich weiß auch aus seinem Team, dass er körperlich da wirklich richtig am Ende war.

Es gibt diesen Spruch, dass man über Nacht alt werden kann. Im Boxen weiß man nie, wann dieser Moment mit fortgeschrittener Karriere kommt, wann sich Substanzverlust in harten Fights auswirkt, vor allem jetzt gegen einen ganz anderen Daniel Dubois, als der, gegen den er 2023 geboxt hat. Das ist ein junger Fighter, der auf dem Höhepunkt steht, während Usyk selbst sagt, dass er nicht mehr allzu lange boxen wird.

Bönte: Usyk gegen Kabayel in Deutschland wäre attraktiv

Dann schauen wir doch mal in die Zukunft: Tyson Fury hat für 2026 schon ein Comeback angekündigt, im Verbund mit dem saudischen Box-Mogul Turki Al-Sheikh. Er will einen dritten Kampf gegen Usyk. Aber: Will den wirklich noch jemand sehen?

(lacht) Ich brauche ihn nicht. Normalerweise gibt es Trilogien, wenn es ein Fragezeichen gibt, wenn etwas offen ist. Ich denke da an die großen Dreiteiler: Floyd Patterson gegen Ingemar Johansson, Ali gegen Frazier, gegen Norton. Holyfield gegen Bowe oder in jüngerer Zeit Fury gegen Wilder. Aber hier ist kein Fragezeichen: Usyk hat beide Kämpfe gewonnen, da gibt es keine Zweifel. Ich glaube, das ist alles nur Ballyhoo und Show als Vorgeplänkel für einen Kampf zwischen Joshua und Fury. Den Kampf wollen auch außerhalb Englands sehr, sehr viele Leute sehen, weil sich beide über Jahre beharkt haben. Das ist ein Riesending: Wieder Wembley-Stadion, die beiden im Ring – grandios! Den Kampf wollen wir sehen!

Ein Kampf, den man in Deutschland gerne sehen würde, wäre Agit Kabayel gegen Oleksandr Usyk, vorausgesetzt, Usyk gewinnt. Kabayel ist WBC-Interims-Champion: Wie bewerten Sie seine Chancen, dass er zum Zug kommt und um die WM kämpft, vielleicht noch dieses Jahr?

Ad hoc würde ich sagen: schwierig. Alles hängt von Samstag ab. Wenn Dubois gewinnen sollte, gibt es eine Revanche, weil im Vertrag eine Rückkampf-Klausel fixiert ist, das weiß ich. Dann gäbe es eine Trilogie, die auch Sinn macht, weil es dann 1:1 stünde. Agit ist Pflichtherausforderer beim WBC. Bei den Weltverbänden gibt es ein Rotations-System, wenn es einen Weltmeister gibt, der mehrere Gürtel hält. Demnach wäre die WBO mit Joseph Parker, der ja auch Interims-Champion der WBO ist, als nächstes dran.

Ich persönlich glaube, dass ein Kampf zwischen Agit und Usyk in Deutschland, vom Finanziellen her, aber auch vom Storytelling, großartig wäre. Wir wissen alle, dass bei uns sehr viele Ukrainerinnen und Ukrainer seit Beginn des russischen Angriffskriegs leben. Die würden für ihren großen Volkshelden zusammen mit den deutschen Fans sogar ein Stadion füllen. Ich bin fest davon überzeugt, das wäre ein gigantisches Event. Das wäre mein Wunsch-Szenario.

Das Ganze wäre aber doch auch rein sportlich hochinteressant: Kabayel, diese Körperhaken-Mühle aus dem Pott, gegen den technischen Großmeister, der – wenn überhaupt – zum Körper verwundbar ist.

Ja. Agit ist im Schwergewicht unter den Top drei, Top vier, da gibt es keinen Zweifel. Wie er agieren müsste gegen Usyk liegt auf der Hand: ran an den Mann und Körpertreffer landen. Wenn wir uns den Kampf vor dem geistigen Auge vorstellen, ist die Frage aber immer: Wie kommt man überhaupt an Usyk ran. Aber jedes Jahr, das Usyk älter wird – und auch der jetzige Kampf wird wieder Substanz kosten – spricht am Ende für Agit. Er hat in seinen letzten Kämpfen grandios agiert. Er ist wirklich der Leberking, wie er sich auch nennt. Und Rechtsausleger sind bekanntlich offen für Leberhaken, fällt mir gerade ein (lacht). Eine alte Boxweisheit. Das würde doch gut passen.

Video: Exklusiv: Kabayel sieht sich bereit für Usyk

Zunächst einmal muss Agit Kabayel aber aktiv bleiben, kann nicht ewig auf Usyk oder womöglich Dubois warten. Er selbst spricht von einem Kampf in Deutschland, sein Management auch. Was würden Sie ihm empfehlen, wenn Sie sein Manager wären?

Fakt ist: Wir alle wollen einen Kampf von Agit in Deutschland. Im besten Falle wäre es dieser Kampf gegen Usyk. Wenn Usyk am Samstag gewinnt, muss man auch fragen: Was sind interessante Gegner, was sind interessante Locations? Er selbst würde nur zu gerne nochmal im Olympiastadion von Kiew boxen. Dann würden wir uns alle in den Armen liegen, weil das im Umkehrschluss hieße, dass der Krieg endlich vorbei ist. Davon kann aktuell leider keine Rede sein.

Agit Kabayel und der Austragungsort Deutschland wären für Usyk daher sehr interessant. Deutschland ist nicht weit weg von der Ukraine, von Polen, wo auch viele Ukrainer leben. Ich habe gesehen, was bei Usyks Kampf in Breslau gegen Dubois los war – eine gigantische Atmosphäre. So etwas könnte ich mir auch sehr gut in Deutschland vorstellen. Das wäre wie gesagt mein Best-Case-Szenario …

… das freilich nicht unbedingt eintreffen wird, so wie man das Boxgeschäft kennt. Gegen wen sollte Kabayel also kämpfen, wenn aus dem Usyk-Kampf nichts wird?

Sollte Agit auf den WM-Fight warten müssen, würde ich zum Beispiel einen Kampf gegen Deontay Wilder sehr gerne sehen. Wilder hat eben erst einen Comeback-Kampf gewonnen, ist Ex-Weltmeister, langjähriger WBC-Champion und somit sehr gut als Gegner zu vermarkten. Agit Kabayel gegen Deontay Wilder wäre ein großartiger Kampf. Aber auch englische Gegner sind vor allem aus Sicht von Kabayels Promoter Frank Warren und seinem Manager Spencer Brown interessant.

Mit Bernd Bönte sprach Martin Armbruster

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