Russell Westbrook von den Oklahoma City Thunders präsentiert sich derzeit in der Form seines Lebens. Ein Triple-Double jagt beim fünffachen NBA-All-Star das nächste. Das hat auch mit dem Abgang von Kevin Durant zu tun.
New York, 28. Oktober 2016: Russell Westbrook benötigt gegen die New York Knicks nur noch einen Assists, um das nächste Triple-Double in dieser Saison perfekt zu machen. Der 28-Jährige zieht zum Korb und versucht seinen Mitspieler Joffrey Lauvergne zu finden. Der Pass wird jedoch abgefangen und endet in einem Turnover. Die letzten Sekunden ticken von der Uhr und die Sirene erklingt - Halbzeit!
Das Spiel beendete "RW0" mit 27 Punkten, 14 Assists und 17 Rebounds, seine Oklahoma City Thunder gewannen 112:103 im Madison Square Garden. Eine Woche und zwei weitere Galavorstellungen später, hat Westbrook seine Triple-Double-Serie auf fünf Spiele in Folge ausgebaut. Damit ist er dem Rekord von Michael Jordan aus dem Jahre 1989 ganz dicht auf den Fersen.
Jordans Serie startete am 25. März 1989 gegen die Seattle Super Sonics, jene Franchise, die im Jahr 2008 nach Oklahoma umzog. MJ legte 21 Punkte und jeweils 12 Assists und Rebounds auf. Die unglaubliche Serie sollte erst nach sieben Spielen, am 06. April gegen die Detroit Pistons enden.
"Air Jordan" selbst gilt als großer Westbrook-Anhänger. In seiner Laudatio Mitte November anlässlich der Aufnahme Westbrooks in die Oklahoma Hall of Fame sagte der sechsfache NBA-Champion: "Ich bin wirklich ein Fan von ihm. Wenn ich ihn spielen sehe, sehe ich große Ähnlichkeit zu meiner Begeisterung für das Spiel und zur Art und Weise, wie ich Basketball gespielt habe."
Westbrook kompensiert Durants Abgang
Keine Frage, der Abgang von Superstar Kevin Durant zu den Golden State Warriors hat viele OKC-Fans schockiert. Nicht wenige haben mit einer schwierigen Übergangssaison gerechnet. Immerhin hatte Durant mit durchschnittlich 28,2 Punkten pro Partie maßgeblichen Anteil daran, dass die Thunder um ein Haar in die NBA-Finals eingezogen wären.
Doch auch als alleiniger Anführer weiß Westbrook zu überzeugen. Mit 31 Punkten, 11,3 Assists und 10,8 Rebounds pro Partie, entpuppt sich der No. 4-Draft-Pick des Jahres 2008 als eine Art Lebensversicherung für das Team von Coach Billy Donovan, das momentan mit einer 13-8-Bilanz auf dem fünften Platz im Westen liegt. Donovan traut seinem Schützling sogar zu, die Saison mit einem Triple-Double im Schnitt zu beenden.
Damit wäre er der erste Spieler seit Oscar Robertson (1961/62), dem dieses Kunststücke gelänge. Dabei muss bedacht werden, dass Robertson & Co. in einer Zeit spielten, als der Basketball noch deutlich schneller war.
In seiner Rekord-Saison hatten seine Cincinnati Royals 126,2 Ballbesitze pro Partie und damit deutlich mehr Chancen am Boxscore zu arbeiten als Westbrook, dessen Thunder im Vergleich "nur" 98,7 Mal den Spalding in der Hand halten.
Mehr Platz für Westbrook
Natürlich ist der Abgang von KD auch mitverantwortlich für Westbrooks Zahlenspiele. Ohne Durant läuft beinahe jeder Angriff über den Spielmacher. Doch auch, wenn der 28-Jährige mit 24,2 Würfen pro Spiel aktiver ist denn je, legt er auch Career Highs bei Assists und Rebounds auf.
"Er produziert diese Zahlen aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner Intensität, mit der er in jedes Spiel geht", sagt Donovan zu den Leistungen von Westbrook.
Aufgrund seiner unwiderstehlichen Drives und seiner geschickten Pässe, wird sein Rebounding oftmals übersehen. Mit 1,91 Mete gehört er zwar zu den kleineren Spielern in der NBA, doch das macht der Guard mit seiner Athletik und seinem unbändigem Willen wieder wett. Zudem hat er durch die Trades von Durant und Ibaka einfach mehr Platz in der eigenen Zone.
Die hohe Intensität, macht sich auf der anderen Seite aber auch in 5,7 Turnovers pro Spiel bemerkbar - so viele wie noch nie in seiner Karriere. Im letzten Spiel gegen die New Orleans Pelicans waren es sogar deren zehn.
Für Pels-Coach Alvin Gentry steht dennoch fest: "Meiner Meinung nach ist der beste Spieler der NBA. Es macht einfach Spaß, ihn gegen jeden anderen Gegner spielen zu sehen."
Wie lange hält "RW0" durch?
Doch kann Westbrook Nacht für Nacht mit einer solchen Energie aufs Parkett gehen? Für Donovan kein Problem. Er plane zwar die Minuten für seinen Superstar im Laufe der Saison kontrollieren zu wollen, doch würde er nie den Spielstil von Westbrook verändern wollen.
"Er bleibt, wer er ist. Und das ist auch gut so", erklärte der 51-Jährige. "Ich werde nicht an der Linie sitzen und sagen: 'Mach langsam, immer mit der Ruhe. Entspann dich.'"
Das ist nicht die Art, wie Westbrook Basketball spiele. Und das ist auch gut so.
Julian Biermann



































