In Freiburg arbeiten Sie mit Christian Streich zusammen, einem der polarisierendsten Bundesligatrainer. Wie ist es im Alltag mit ihm?
Wenn es gut läuft, ist es eigentlich mit jedem Trainer ein gutes Arbeiten. Dann hat man ja meist gewonnen, alles kann man durch eine rosarote Brille betrachten. Man nimmt dann alles Negative um einen herum gar nicht so wahr. Aber in Phasen, wo es nicht gut läuft, kommt es ja darauf an, wie man damit umgeht. Und Christian Streich hat einfach eine lange Erfahrung. Er steht dazu, dass er einfach absolut nicht verlieren kann, das ist eine positive Einstellung, so sollte jeder im Profifußball ticken. Denn da geht es um Existenzen, um Millionen und um Arbeitsplätze.
Und wie sieht die Zusammenarbeit aus, wenn es mal nicht so läuft?
Dann ist es manchmal gar nicht so einfach, weil der Trainer dann noch akribischer zur Sache geht, noch fokussierter ist und noch mehr auf spezielle Dinge achtet, wo es im Training richtig anstrengend ist durch viel Nachdenken, viel Taktikschulung, Videoanalyse und Umstellungen. Man will ja etwas verändern, um wieder Erfolg zu haben. Das kostet alles Kraft im Kopf, aber man entwickelt sich enorm weiter und weiß besser, mit verschiedenen Situationen umzugehen. Viele von uns werden später vielleicht auch Trainer sein, da kann man nicht viel bessere Lehrer als Christian Streich haben. Wenn es nicht gut läuft, ist es kein Zuckerschlecken, weil er viel von uns einfordert. Wir arbeiten ja auch unter hochprofessionellen Bedingungen.
Wie läuft denn die Kommunikation mit dem Trainer, gerade auch aus Sicht der Ersatzspieler?
Insgesamt ist es ein sehr guter Austausch. Er redet viel mit denen, die gerade hintendran sind. Das ist extrem wichtig, denn die, die spielen, brauchen keine großen Worte. Es gibt genügend gute Gründe dafür, dass er in Freiburg schon so lange Trainer ist.
Lassen wir Streich mal außen vor: Sie haben darüber hinaus schon unter Trainern wie "Pele" Wollitz, Robin Dutt oder Jupp Heynckes gearbeitet – jeder für sich genommen ein spezieller Typ. Welche Zusammenarbeit hat Sie am meisten geprägt beziehungsweise am meisten weitergeholfen in Ihrer Entwicklung?
"Pele" Wollitz war so ziemlich der erste Trainer, der mir Selbstbewusstsein eingepflanzt hat, der mir die Sicherheit gegeben hat und gesagt hat: Ich lass dich spielen. Du bekommst die Spiele. Du warst geduldig. Er hat mir die Möglichkeit gegeben, mich über mehrere Partien zu beweisen. Das tat mir gut, als junger Spieler so eine Sicherheit zu bekommen. Mit Jupp Heynckes hatte ich einen Trainer, der selbst auch ein Weltklasse-Offensivspieler war, der mir viele Dinge mit auf den Weg gegeben und mich im Abschluss weiterentwickelt hat.
Ihre erste Profi-Station war vor über sieben Jahren Energie Cottbus. Wie blicken Sie auf Ihre Zeit bei Energie zurück?
Bei Cottbus ist die Entwicklung sehr schade. Man muss ja gar nicht lang zurückdenken, um den Verein in der zweiten oder dritten Liga zu sehen. Dann ging es runter in die 3. Liga, um sich neu zu konsolidieren und auf einmal landet der Klub der in vierten Liga. Dort präsentiert sich Energie immerhin gut. Aber das muss auch der Anspruch sein, dort oben mitzuspielen. Auf Dauer hoffe ich schon, dass die Mannschaften im Osten wieder Aufwind bekommen. Und Energie Cottbus gehört neben Union Berlin, Dresden und Co. unbedingt mit dazu mit ihrer Tradition.
Sie sagen, dass Sie alle Ex-Klubs verfolgen: Haben Sie auch noch zu allen Kontakt?
Ja, schon. Es wird natürlich immer weniger, weil viele Spieler verschwinden. Aber die meisten Mitarbeiter bleiben ja und da habe ich guten Kontakt. Ich habe noch überall meine Maulwürfe sitzen. (lacht)
Wie geht es denn in dieser Saison weiter mit dem SC Freiburg? Mit Platz zehn dürften Sie sehr zufrieden sein?
Aus meiner Sicht muss es das Ziel sein, drei Mannschaften hinter uns zu lassen. Das schaffen wir momentan. Ich denke, dass wir eine Mannschaft haben, vor der jeder Gegner Respekt hat, auch aufgrund dessen, was wir geleistet haben. Nun müssen wir schauen, dass wir nicht in einen kleinen Negativstrudel geraten, und schnell die 20-Punkte-Marke erreichen vor Weihnachten, damit wir etwas beruhigt in die Winterpause gehen können. Wobei man nie ganz beruhigt sein darf, weil Hamburg oder Ingolstadt immer in der Lage sein werden, eine Serie zu starten. Das Ziel bleibt also die Abstiegsränge zu vermeiden. Alles andere ist für mich Bonus.
Ihre persönliche Bilanz lautet vier Tore in elf Spielen: Welches Ziel haben Sie sich für sich selbst gesteckt?
Man muss das anhand der Einsatzzeiten immer ein wenig relativieren, aber der Wunsch eines jedes Stürmers ist es natürlich, zweistellig zu treffen.
Ihr Vertrag läuft noch bis Sommer 2019: Geben Sie uns einen Einblick: Was wollen Sie bis dahin mit dem SC Freiburg erreichen?
Mein Wunsch ist es langfristig beim SC Freiburg zu bleiben, am liebsten in der Bundesliga. Ich bin allerdings in diesem Geschäft auch vorsichtig geworden, weil ich damals auch in Bremen von 'Heimat' und 'Zukunft' gesprochen habe und zwei Jahre später habe ich nichts mehr mit Bremen zu tun. Natürlich bleibt die Erinnerung und die Freude, wenn man dort hinkommt, aber das Fußballgeschäft ist so schnelllebig, da muss man vorsichtig sein. Wenn ich mir jedoch heute meine Zukunft ausmalen würde, wäre das hier in Freiburg. Die kurzfristige Zukunft ist der Wunsch, bis 2019 mit dem SCF in der Bundesliga zu spielen.
Sie kennen sowohl RB Leipzig als Konkurrenten der letzten Saison sehr gut als auch den FC Bayern als Ihren Ex-Klub. Ihre Prognose: Wie geht es in den nächsten Monaten weiter im Meisterrennen?
Man muss Leipzig definitiv ein Kompliment machen, dass sie so viele Punkt haben, dass sie vor dem FC Bayern stehen. Und das nicht nach drei Spieltagen, sondern nach elf. Das ist eine Qualitätsfrage. Ich glaube schon, dass sie zurecht dort oben stehen, sie werden auch weiter angreifen und eine gute Rolle um die europäischen Plätze spielen. Wir hoffen natürlich trotz des guten Laufs von RB, dass wir die ersten sein werden, die Leipzig knacken am Freitag.
Meinen Sie denn, dass RB eine reelle Chance auf die Meisterschaft hat?
Ich glaube, dass sie im Meisterschaftskampf am Ende keine Chance haben. Aber sie werden weiter eine gute Rolle spielen, auch auf Dauer, und unter den ersten Fünf stehen, nachdem, was sie bisher geleistet haben. Wenn man nach elf Spielen ungeschlagen ist, muss man auch langfristig den Wunsch haben, oben zu bleiben.
Das Interview führte Chris Rohdenburg




























